piwik no script img

"Eine stabile Kapitalanlage"

■ Sonne, Strand und mehr: 2,5 Millionen Deutsche werden Ausländer - weil Ferienhäuser rentabel sind. Die Preise bleiben im zusammenwachsenden Europa niedrig, der Maklerservice im Ausland ist oft umfangreicher al

Rund 2,5 Millionen Deutsche haben Interesse an einer Immobilie im Süden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Landesbausparkassen. Andere Quellen berichten von 1,5 Millionen zukünftigen Wetterflüchtlingen – oder was sie sonst für Gründe haben, ihrer Heimat den Rücken zu kehren. Schätzungsweise 600.000 Deutsche haben bereits eine Finca, ein Mas oder ein Rustico, tatsächlich gezählt hat sie jedoch niemand. Die Liste der Wunschländer führt Spanien an mit ferienhaushohem Vorsprung vor Frankreich und Italien. Eine Völkerwanderung von Nord nach Süd setzt ein, erwartet ein Frankreich-Immobilienexperte.

Aber nicht nur Deutsche kaufen im Süden: An der Côte d'Azur sind die Italiener Spitzenreiter, am Atlantik die Briten. Vor allem am spanischen Mittelmeer wird ohne Ende gebaut, inzwischen auch altengerecht. Der Euro begünstige weitere Investitionen in den südlichen Gefilden der EU, so hoffen die Makler, weil er zukünftig den direkten Vergleich der europäischen Immobilienpreise erleichtert und den Deutschen ihre Kaufkraftvorteile verdeutlicht.

Darauf spekulieren auch die Makler für Auslandsimmobilien wie der „agent immobilier“ Oliver Kirner, der in einem Ratgeber über französische Immobilien schreibt, daß mit dem Euro noch mehr Bewegung in den Markt komme, die Immobilienpreise anzögen, die „Perlen“ verschwänden und herausragende Standorte an die Vorreiter gingen. Damit würden all diejenigen vorgeführt, die immer noch mit Panikmache vor dem Euro hausieren gehen, aber ebenfalls Immobilien als treue Werte verkaufen. Die Landesbausparkasse als größter Immobilienmakler Deutschlands hat zuerst die Zeichen der Zeit – oder die Folgen des schlechten Wetters – erkannt. Ihr Projekt „Casa Europa“ bietet Anlegern in 13 europäischen Ländern Ferienhäuser, Zweitresidenzen oder einfach Altersruhesitze; die Nähe zum Meer wollen immerhin 84 Prozent der Befragten. Auch kleinere Immobilienbüros sind auf diesen Zug gesprungen und bieten den Agenturen am Ferienort Partnerschaften an. Es ist auch ein Geschäft für und mit den immer älter werdenden Menschen unserer Gesellschaft. Die Anschaffung vom Traumhaus muß jedoch nicht zum Trauma werden, wenn die Vernunft des Erwerbers das Geschehen steuert. Zwar sind viele Käufer schon hereingelegt worden, weil sie die landesspezifischen Kaufmodalitäten nicht genügend studiert oder den falschen Leuten vertraut haben. Zudem bleibt die EU vermutlich noch lange ein Torso mit unterschiedlichen Bestimmungen. Das jedoch sollte vom Kauf nicht abhalten. Hier berät zum Beispiel die Schutzgemeinschaft Auslandsimmobilien in Freiburg.

Allerdings verkaufen auch viele Deutsche nach wenigen Jahren ihre Ferienimmobilie wieder. Oft fehlt ihnen die soziale Kompetenz, sich in fremder Kultur wohlzufühlen. Selbst die neue Sprache lernen nicht alle. Die Folge ist eine Form von innerer Emigration vor Ort oder Gruppenbildung unter Gleichen. Der zweite Eckpfeiler einer gelungenen An- oder Umsiedlung ist die finanzielle Komponente. Vielen ist schon nach wenigen Jahren das Geld ausgegangen. Dabei können Ferienhäuser sogar rentabel sein, wenn die Eigentümer sich entschließen können, sie zu vermieten; zudem schafft eine relativ preiswerte Anschaffung bei steigender Nachfrage einen ansehnlichen Wertzuwachs. Erbschaften lassen sich unter Umständen gewinnbringend unterbringen. Deutsche Banken finanzieren in der Regel nur, wenn eine entsprechende Sicherheit in Deutschland vorhanden ist. Die Zinssätze im südlichen Ausland liegen zum Teil noch unter den hiesigen.

Da es im zusammenwachsenden Europa ein Überangebot an Immobilien gibt und dennoch vor allem in Küstennähe weiter fleißig gebaut wird, bleiben die Preise im Inland niedrig. Man findet in Südfrankreich, auch in Italien, Spanien und Portugal immer preiswerte Objekte mit guter Bausubstanz und großen Grundstücken. Die ortsansässigen Makler präsentieren seitenweise „Schnäppchen“. In Strandnähe kosten 2- bis 3-Zimmer-Apartments auf dem spanischen Festland unter 100.000 Mark. Und Mallorca bietet sich nach wie vor selbst feil, Ausverkauf ohne Ende, trotz einschränkender Maßnahmen der Regierung, rentabel für den, der seine vor längerer Zeit erworbene Finca jetzt wieder verkauft.

In Griechenland soll es dagegen noch immer vorkommen, daß gleich zwei oder drei Eigentümer meinen, für ein Grundstück eine Baugenehmigung zu haben oder an dem Gelände Anteile zu besitzen. Hier sind oft sogar die Notare überfordert bis überflüssig. Dennoch erwartet man stärkere Nachfrage, sobald Griechenland der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beitritt. „Das teuerste Hotel kostet weniger als die billigste Immobilie“, argumentieren viele gegen den Kauf einer Immobilie. Rein rechnerisch könnte der Erwerber viele Urlaube in Luxussuiten verbringen, bis er seine Investitionssumme aufgezehrt hat. Allerdings sind Immobilien die stabilste Kapitalanlage.

Entscheidet man sich im mittleren Lebensabschnitt für ein Ferienhaus im Süden, bereits unter dem Blickwinkel, dort auch das letzte Lebensdrittel zu verbringen, sollte man mögliche Probleme im Alter berücksichtigen. Im schlimmsten Fall benötigt man technische Einrichtungen wie zum Beispiel einen Treppenlift oder spezielle Sanitäreinrichtungen. Zudem ist beim Kauf auf gute Erreichbarkeit des Hauses zu achten, Einkaufsmöglichkeiten und medizinische Versorgung sollte es in der Nähe geben. Übrigens kann laut Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die Pflegeversicherung in allen EU-Ländern in Anspruch genommen werden. Für den Erwerb der vollen Rente braucht man allerdings noch einen Erstwohnsitz in Deutschland.

Der Maklerservice im Ausland ist oft umfangreicher als hierzulande. Letztlich enthält der Kaufpreis die Provision. Die Käufer zahlen auch Erwerbsnebenkosten: in Frankreich etwa acht Prozent. Der Notar, der auch Makler sein kann, wickelt alles ab; Frankreich bietet die besten Rechtssicherheiten im Süden, der Staat kann aber Schwierigkeiten im Erbfall machen, da französisches Recht Kinder den Ehegatten vorzieht. Die fixen Kosten für die Unterhaltung einer Immobilie sind wiederum niedriger als hier, wie übrigens auch die Handwerkerlöhne. Um in schwierigen Situationen nicht so ganz allein mit seinem Traumhaus dazustehen, gibt es gegen einen Jahresbeitrag von etwa 300 Mark bei der Deutschen Schutzvereinigung Auslandsimmobilien Rat und Hilfe. Ein Gespräch mit dem Steuerberater ist ebenfalls zu empfehlen. Bernd Schäfer-Zurhelle

Dt. Schutzvereinigung Auslandsimmobilien, Tel. (0761) 55012.

Ratgeber über Auslandsimmobilien, 100 S., Preis: 11,60 DM inkl. Versand. Bezug: Deutscher Sparkassen Verlag, Versandservice, Postfach 1252, 71108 Waldenbuch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen