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prostitutionEin Gesetz für Edelhuren

Die CDU mag sich noch so sehr sträuben: Der Sittenverfall wird seinen Lauf nehmen. Die Regierungsfraktionen haben sich entschlossen, Prostituierten ein Minimum an Rechten zuzugestehen. Der Lohn wird einklagbar, und versichern dürfen die Huren sich auch.

Jubel in der Rotlichtszene? Wohl kaum. Einige Edelnutten werden zwar höchst zufrieden sein: Sie können bei den Krankenkassen demnächst ihren Beruf angeben, statt zu lügen; und sie können sich sozialversichern, wenn der Arbeitgeber mitspielt.

Kommentarvon HEIDE OESTREICH

Die vielen Schwarzarbeiterinnen aber, seien sie Deutsche oder Ausländerinnen mit Arbeitserlaubnis – sie werden sich um ihren Arbeitsplatz sorgen: Stehen nun neben dem Finanzbeamten auch die Vertreter der Sozialversicherungen vor der Tür, um abzukassieren? In den Niederlanden waren die Puffs nach der Legalisierung erst einmal leer: Die Huren hatten keine Lust auf sozialpflichtige Beschäftigung und tauchten schlicht ab.

Eine weitere Gruppe wird auch kaum erfreut sein: In Deutschland, so schätzt man, bedienen Ausländerinnen gut die Hälfte des Marktes. Viele von ihnen sind per Touristenvisum – also ohne Arbeitserlaubnis – oder gänzlich illegal hier. Auch ihnen bringt das Gesetz eher Ungemach: Werden Puffs aus der Grauzone in die Legalität gehoben, müssen die Illegalen verschwinden.

In Zukunft wird es also angestellte, versicherte und dementsprechend teure Edelhetären geben, eine Menge Schwarzarbeiterinnen und eine breite Masse an vollends illegalisierten Gastarbeiterinnen. Erstere darf man zur baldigen Gründung eines Berufsverbands beglückwünschen, Zweitere nicht weiter bedauern: Schwarzarbeiterinnen geht es dann in dieser wie in allen anderen Branchen auch. Doch für das Gros der Prostituierten, die illegalen Ausländerinnen, könnte das Leben noch härter werden.

Zwangsprostitution und Frauenhandel wird das Gesetz nicht beenden, es verschärft sie eher: Je illegaler, desto erpressbarer ist die Hure. Dies lässt sich nur vermeiden, wenn man den Bedarf an ausländischen Prostituierten anerkennt: Die Zuwanderungskommission könnte neben Quoten für IT-Spezialisten und Facharbeiter ebenso eine für Sexarbeiterinnen planen. Arbeitserlaubnisse für ausländische Prostituierte: und schon wären Frauenhandel und Zwangsprostitution eingedämmt. Das klingt irreal. Warum? Weil die Politik die Prostitution in ihrem vollen Ausmaß weiterhin verleugnet.

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