portrait: Hoffnung der Linken in NRW
Sein Wechsel zur NRW-Linken galt als offenes Geheimnis, doch nach seinem Austritt bei den NRW-Piraten vergingen Monate ohne eine Eintrittserklärung. „Ich brauchte eine gewisse Zeit, um einen sauberen Schlussstrich zu ziehen“, begründete Ex-Pirat Daniel Schwerd seinen zögerlichen Übertritt am Dienstag in Düsseldorf. Landessprecher Özlem Demirel und Ralf Michalowsky lehnten sich entspannt zurück. Nein, es habe weder Anwerbeversuche noch ein Aussteigerprogramm gegeben, witzelten sie: „Der Daniel hat sich von sich aus bei uns gemeldet.“
Der Diplominformatiker aus Köln – grauer Kurzhaarschnitt, blaue Augen – beschert den NRW-Linken die lang ersehnte Rückkehr auf die landespolitische Bühne. Der frühere Sprecher der Piraten für Wirtschaft und Medienpolitik will die soziale Schieflage im Land mit netzpolitischen Themen verknüpfen. Freier Zugang zu Bildung, demokratische Netze – das sei eine Chance für soziale Politik, erklärt der 49-jährige Abgeordnete, der sich darüber hinaus auch für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit verschiedener NRW-Abgeordneter im Landtag stark macht. Offiziell bleibt Schwerd fraktionslos.
„Inhaltliche Überschneidungen mit der Linken waren schon lange vorhanden“, versichert Schwerd. Bei den Piraten konnte er politisch nichts mehr bewegen. Über seine Zeit dort hat er ein Buch geschrieben. Mit Crowdfunding will er die Erstauflage finanzieren – bislang erfolglos.
Das Erbe der Piraten scheint niemanden mehr so recht zu interessieren. Sie gelten als chancenlos bei der Landtagswahl im Mai 2017 – hingegen könnte die Linke wieder die Fünfprozent-hürde überspringen. Ob die Basis der Linken einen abtrünnigen Piraten akzeptieren wird, bleibt fraglich. „Wer auf die Liste kommt, entscheidet der Landesparteitag“, stellte Linken-Chef Michalowsky vor Monaten klar.
Der frisch gebackene Linke tut bescheiden, kann aber kaum verhehlen, dass er auch künftig politisch etwas bewegen will. Viel Zeit bleibt nicht. Ende des Jahres werden seine Parteigenossen über die Liste abstimmen. IT-Expertise können sie gut gebrauchen, digitaler Wandel steht nicht auf ihrer politischen Agenda. Claudia Hennen
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