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portraitDie beharrliche Witwe

Hinter dem neuen britisch-russischen Zerwürfnis um den Mord am ehemaligen russischen Agenten Alexander Litwinenko steckt die Beharrlichkeit einer Frau. Die 52-jährige Witwe Marina Litwinenko kämpfte unerbittlich dafür, dass die Mörder ihres Mannes öffentlich genannt werden. Auch jetzt betont sie in einer Pressekonferenz, dass dies ihr Motiv sei und man das nicht als gegen Russland gerichtete Aktion verstehen solle. Schon letztes Jahr erklärte sie der taz, dass sie einfach Gewissheit wolle.

Endlich hat eine unabhängige richterliche Untersuchung in London die direkten Mörder ihres Gatten genannt: Andrei Lugowoi und sein Komplize Dimitri Kovtun. Forsch forderte die elegant gekleidete Frau mit durchdringendem fragenden Blick, nun Maßnahmen gegen jene Personen, die mit den Mördern in Verbindung standen: Nikolai Patruschew, der Expräsident des russischen Geheimdienstes FSB, und Russlands Präsident Wladimir Putin.

Das Schicksal ihres Mannes ist auch ihr eigenes Schicksal und das ihres gemeinsamen Sohnes Anatoly, der zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters erst 12 Jahre alt war. Beide mussten im Jahr 2000 zusammen mit dem Vater fliehen. Nachdem die Familie in London Asyl erhielt, baute sie ein neues Leben auf: Sie, eigentlich eine diplomierte Öl- und Gastechnikwissenschaftlerin, als Tanzlehrerin, während er sich wieder der Spurensuche des organisierten Verbrechens widmete. Als Marina und Alexander Litwinenko im Oktober 2006 britische Staatsbürger wurden, waren sie voller Zuversicht, ohne zu wissen, dass ihr gemeinsames Exilleben bald ein abruptes und gewalttätiges Ende nehmen sollte.

Nachdem Liwinenko seiner Vergiftung durch Polonium-210 unterlag, begann Marina den Kampf zur Aufklärung. Sie akzeptierte weder ein Nein noch die Hürden des britischen Establishments, dessen Reflex immer ist, möglichst wenig Staub aufzuwirbeln. Unermüdlich sei sie in ihrer Suche nach der Wahrheit gewesen, so bescheinigten ihr jetzt der die Untersuchung leitende Richter sowie Innenministerin Theresa May. Ein Kampf um die Wahrheit, der fast zehn Jahre andauerte.

Daniel Zylbersztajn

Ausland Seite 10

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