pampuchs tagebuch: German Location
Es fängt ja schon an, wenn's ums Emailen (E-mailen? Emaillieren?) geht. Etwa die Hälfte der Bundesbürger sagt „die“ E-Mail, die andere „das“, manche, wie meine gute Freundin A. – immerhin Computerfachfrau eines großen staatlichen bayerischen Kulturbetriebs –, bringen es fertig, im Laufe eines Abends das Geschlecht der Mails mehrmals vom Weiblichen ins Sächliche und wieder zurückchangieren zu lassen. Von den Abkürzungen wollen wir gar nicht reden – von EPS und FTP, von LOL oder auch nur URL. Wer weiß schon , dass das zu Deutsch der „einheitliche Quellenlokalisierer“ ist? Ohne mein kleines Langenscheidts Internetwörterbuch wäre ich bei meinem superkurzen Kurzzeitgedächtnis längst schon verrückt. Übrigens hasse ich Abkürzungen.
Keineswegs aber hasse ich gute Übersetzungen. Und aus gegebenem Anlass wollen wir hier des SDI gedenken, was eben keineswegs die Strategic Defense Initiative von gar nicht mal so ehedem ist, sondern das Sprachen- und Dolmetscherinstitut zu München, das demnächst – am 16. Mai, seinen 50. Geburtstag feiert, worüber noch gesondert zu berichten wäre. Immerhin ist diese vom ehemaligen Chefdolmetscher der Reichsregierung und Adolf Hitler gegründete „Schmidtschule“ eine der angesehensten Übersetzer- und Dolmetscherschulen des Landes. Hier soll uns – nachdem oben bereits vom Quellenlokalisierer die Rede war, ein „neuer Trend im alten Beruf des Übersetzers“ interessieren – die „Software-Lokalisierung“ nämlich. Die notwendigen Informationen dazu holen wir uns per download (Herunterladung? Runterholen?) aus der Webpage (Webseite? Netzseide?) www.sdi-muenchen.de. Unter „Veröffentlichungen“ stoßen wir dort auf einen interessante Beitrag genau zu diesem Thema. Über zehn Seiten wird da vom „Anpassungsprozess der Software an die sprachlichen, technischen und kulturellen Gegebenheiten des lokalen Marktes“ berichtet, der mit „der Anpassung der Übersetzer an die Anforderungen der Hersteller Hand in Hand“ gehe. Und es wird erklärt, dass der nunmehr als „Software-Lokalisierer“ arbeitende Übersetzer „sich dem breiten Spektrum der potenziellen Auftraggeber als Dienstleister (präsentiert), der dem Softwarehersteller hilft, das Produkt erfolgreich zu verkaufen. Die Lokalisierung versteht sich als Geschäft und soll auch als solches verstanden werden.“ Seit 1999 bietet das SDI einschlägige Kurse an.
Wir, die dem guten alten Kulturgut Sprache verpflichteten Übersetzer, müssen da – bei aller Sehnsucht nach dem Geschäft – doch ein wenig stutzen. Ja, haben denn diese Lollikassierer wirklich nur Knete im Sinn? Ist ihnen nicht klar, dass sie – wie jeder Übersetzer – auch eine sprachpflegerische, ja schöpferische Aufgabe haben? Welch schöne deutsche Begriffe könnten sie für die Welt der Computer schaffen! Haben nicht die Spanier immerhin den alten vatikanischen Begriff „ordenador“ aktiviert, um einen eigenen Begriff für die Kiste zu haben? Die deutsche IT-Sprache wimmelt nur so von Anglizismen, Abkürzungen und irgendwelchen downgeloadeten Missgeburten.
Wenn man nicht alles selber macht. Die „Weichwarenverorter“ – um es mal korrekt zu übersetzen – erschöpfen sich darin, einen Pudding an die Wand zu nageln. Nomen est omen. Die werden keine deutsche Computersprache schöpfen. Müssen also wieder wir Internetseiten-Kolumnisten ran. Wie wär's zum Beispiel mit einer vernünftigen Eindeutschung für den Begriff Computer? Die Kisten computern nicht, sie PeCehen nicht, und für die wenigsten Benutzer rechnen sie. Aber rödeln, rödeln tun sie alle. Immer. Nennen wir sie hinfort also „Rödler“! Mein Geburtstagsgeschenk an das SDI. So schön, so klangvoll kann Weichwarenverortung sein. Aber eben kein Geschäft. THOMAS PAMPUCH
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