: offene debatte
Palast oder Schloss
Obwohl noch keine endgültige Entscheidung über die Zukunft des Palastes der Republik getroffen ist, verschwindet das Gebäude zusehends. Seit 1998/99 räumen Bauarbeiter die asbestverseuchten Decken, Wände und Träger aus dem Haus. Große Teile der Glasfassade sind demontiert, und hinter der staubdichten Plane wird der Palast als Rohbau sichtbar. 2001 wird von dem einstigen DDR-Plenar- und Kulturgebäude nur noch die Stahlkonstruktion übrig sein. Der Beschluss des früheren Bauministers Klaus Töpfer aus dem Jahre 1996, den Palast bis „auf das Gerippe“ zu sanieren, hat sich damit erfüllt.
Je weniger Honeckers „Lampenladen“ wird, desto kräftiger werden die Stimmen, das Haus gänzlich abzureißen und Raum für den Wiederaufbau des 1950 gesprengten Stadtschlosses zu schaffen. Hatten bereits Mitte der 90er-Jahre das Land Berlin mit einem (gescheiterten) Investorenauswahlverfahren, der „Verein Historisches Berlin“ und der Hamburger Unternehmer Wilhelm von Boddien für den Totalabriss des Palastes plädiert, so erhalten diese Schlossfans nun prominente Fürsprecher: Sowohl Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch Kulturstaatsminister Michael Naumann sowie der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, haben sich für den Wiederaufbau des barocken Schlosses ausgesprochen. Allerdings soll das Gebäude nicht privat, sondern die „Mitte des Staates“ öffentlich finanziert und für wissenschaftliche Einrichtungen und Museen genutzt werden.
Weniger radikal nimmt sich dagegen der Vorschlag von Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer und anderer Grünen-Politikern aus, die sich für den Erhalt der Ostseite des Palastes ausgesprochen haben. An den Gebäuderest soll dann der Schlossbau angedockt und ebenfalls öffentlich genutzt werden.
Abriss, Erhalt, Schlossbau, moderner Neubau? Die Frage soll ab dem 27. September 2000 eine von Bauminister Reinhard Klimmt eingesetzte Schlossplatz-Kommission klären. Mit der Entscheidung über die Zukunft des Palastes wird 2001 gerechnet. ROLA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen