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österreich, film etc.Wird in Graz noch alles gut?

WIR-GEFÜHL

Jeden Abend gibt es weiterhin den erntefrischen Apfel beim Festival des österreichischen Films in Graz. Und auch die Diskussionen um den Großen Diagonale Preis mögen nicht enden. Er werde in jedem Fall mit dem vollen Preisgeld verliehen, versicherte die Leiterin Christine Dollhofer. Denn die österreichischen Filmproduzenten erklärten sich bereit, den Preis notfalls aus eigener Kasse zu bezahlen. Aber auch der steirische Landeskulturreferent Peter Schadner-Blazinek von der SPÖ will das Geld auftreiben. Und der Wiener ÖVP-Kulturstadtrat Peter Marboe hat ebenfalls erklärt, dass er das Geld akquirieren möchte. Trotzdem wird es heute Abend wegen der Rückstellung des Preises durch die steirischen Landespolitiker der ÖVP und der FPÖ in Graz eine große Demonstration geben. Es sind natürlich genau die Politiker, die wegen der kleinsten symbolischen Aktion der EU gegenüber Österreich gleich von Sanktionen sprechen, selbst aber vor diesem Mittel keineswegs zurückschrecken.

Welches Land nun wirklich von Sanktionen betroffen ist, ist Restjugoslawien. Da war es höchst interessant, die Reaktion des Publikums auf den Eröffnungsfilm der Diagonale zu beobachten, Goran Rebic’ Belgrad-Dokumentation „The Punishment“. In welche missliche Lage einen zu viel Wir-Gefühl bringen kann, wurde dort mehr als deutlich, wenn am Ende ein Mann sagt: „Ich möchte, dass meine Freunde mich zuerst als Person sehen und nicht als Serben.“ Diese Art der Wahrnehmung möchte man doch höchstenfalls seinen Feinden unterstellen. Apropos Reinheit: Auch andere Skandale erklären sich in Graz noch einmal deutlicher. Filmschauen bildet eben. Der New Yorker Bürgermeister Giuliani, der sich so sehr über Hans Haackes Whitney-Installation „Sanitation“ echauffiert hat, nimmt es mit der Reinheit nicht so genau. Das erfuhr man in der Dokumentation „Daydream Nation“ über die Müllbeseitigung in aller Welt. „Sanitation“, Müllabfuhr, gibt es auf Erlass des Bürgermeisters in der South Bronx nämlich nur noch alle zwei Wochen. Da hier der Müll nicht geringer anfällt als anderswo in New York, kann man sich vorstellen, wie dreckig es den Anwohnern dort geht.

Dass es in Graz regnet, mag für Demonstrationen nachteilig sein, hält aber für den Besucher ein weiteres Bildungserlebnis bereit. Der Taxifahrer, so stellt sich heraus, ist ein waschechter Tiroler. Freilich ist er auch Ägypter. Wie es ihn denn hierher verschlagen habe, fragt man den Mann. Und der, ganz der Tiroler, bedenkt nicht die Strecke Ägypten–Österreich, sondern die von Innsbruck nach Graz und sagt: „I lass mi nirgendwo hinschlagen. I bin mit'm Auto herg'fahren.“

BRIGITTE WERNEBURG

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