neues aus der cdu-zentrale: Tritt Laurenz Meyer als Generalsekretär zurück? Ein Stück in sechs Akten
Meyer. Eine Sommerkomödie
von JENS KÖNIG
Herzlich willkommen im Berliner Sommertheater der Christlich Demokratischen Union Deutschlands. Heute steht, in Abänderung des Programms, folgendes Stück auf dem Spielplan: „Meyer. Wie eine Parteichefin weich gekocht wird, indem man ihren Generalsekretär weich kocht“. Die ursprünglich geplante Komödie „Merkel. Wie eine Parteichefin weich gekocht wird“, wird zu einem späteren Zeitpunkt aufgeführt.
Erster Akt: Laurenz Meyer, Generalsekretär der CDU, sitzt zu Hause und sieht das „ZDF-Morgenmagazin“. Dort erfährt er von einem Bericht der Bild-Zeitung, in dem behauptet wird, er selbst, Meyer, wolle von seinem Amt zurücktreten. Die Chemie zwischen ihm und seiner Chefin Angela Merkel stimmt angeblich nicht mehr. Er, Meyer, fühle sich kaltgestellt, heißt es. Er plane deshalb, sein Amt bis zum Parteitag im Dezember zur Verfügung zu stellen. Meyer haut mit der flachen Hand auf den Tisch. „Das gibt’s doch nicht“, brüllt er. „Diese Bild-Schweine!“
Zweiter Akt: Meyer fährt in sein Büro und lässt sofort das Dementi formulieren: „Diese Geschichte ist eine klassische Sommerente. Ich komme frisch aus dem Sommerurlaub und bin voller Tatendrang, als CDU-Generalsekretär die abgewirtschaftete Bundesregierung im Bundestagswahlkampf 2002 vorzuführen.“ Meyer liest das Dementi noch einmal durch und lächelt. Er ist zufrieden. Das sitzt, denkt er, und gibt es an die Nachrichtenagenturen.
Dritter Akt: Angela Merkel in ihrem Büro in der Parteizentrale. Sie sitzt in ihrem schwarzen Ledersessel und schweigt. Sie ist in Urlaubsstimmung. Sie will endlich in die Berge, wandern. Sie denkt an ihren Mann, nicht an Meyer. Mit ihrem Generalsekretär war sie gestern Abend das letzte Mal zusammen. Er wirkte völlig normal. Sie haben über den Wahlkampf 2002 geredet. Warum muss ausgerechnet jetzt diese Rücktrittsente kommen? Merkel weiß, dass das kein Zufall ist. Plötzlich bricht alles aus ihr heraus. Sie springt aus ihrem schwarzen Ledersessel hoch und schreit: „Stoiber!!!“
Vierter Akt: Michael Glos, Landesgruppenchef der CSU, steht im menschenleeren Reichstag. Er kennt die Gerüchte, die CSU habe die Meldung mit Meyer lanciert, um dessen Chefin zu demontieren. Glos drückt den Rücken durch, als ein Fernsehteam vorbeikommt. „Zwischen der CSU und Meyer gibt es eine gute Zusammenarbeit“, sagt er in die Kamera. „Wir haben an seiner Arbeit nichts auszusetzen.“
Als die Fernsehleute weg sind, muss Glos feixen. Von wegen nichts auszusetzen. Der Meyer ist ein Totalausfall. Schlimmer als Polenz, sein Vorgänger. Das sagen sie sogar in der CDU. Glos fällt das Verbrecherplakat ein. Er greift sein Handy und wählt die Nummer von Stoiber. Glos dreht sich um. Keine Journalisten. Niemand hört, was Glos zu Stoiber sagt.
Fünfter Akt: Meyer allein in seinem Büro. Er wettet mit sich selbst, dass er nach dem Parteitag auch noch CDU-Generalsekretär ist. Er setzt allerdings nur zehn Mark. Sicher ist sicher.
Sechster Akt: Meyer guckt hilfesuchend ins Publikum.
Vorhang.
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