neuer senat: Männersache
An diesem Donnerstag wird der neue rot-rote Senat inthronisiert, der die Stadt, wenn alles gut geht, bis 2006 regieren wird. Bei der Auswahl des Personals habe nur die Qualifikation der Kandidaten eine Rolle gespielt, erklärte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit nach der Enthüllung, wer das Finanzressort übernehmen soll. Offenbar hat Thilo Sarrazin, Ex-Bahn-Vorstand, in Sachen Kompetenz eine Menge zu bieten. Gar nichts hingegen betreffend die Kriterien Frau und Osten. Mit solchen Nebensächlichkeiten scheint sich die neue Regierungsriege ohnehin nicht lange aufgehalten zu haben. Zu beschäftigt waren beide Parteien damit, überhaupt ministrables Personal zu rekrutieren.
Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF
Das relativ glanzlose Ergebnis mag enttäuschen. Zeigt es doch, dass es nicht nur nahezu misslang, prominentes Personal für die Zukunftsaufgaben der Hauptstadt zu ködern, sondern auch, dass sowohl die Traditionspartei SPD als auch die runderneuerte PDS eine wenig ressourcenreiche Personaldecke zu bieten haben.
Es ist verwunderlich, dass selbst Parteien, die sich als „links“ und „emanzipatorisch“ begreifen, es nicht schaffen, Frauen eine Teilhabe an der politischen Macht zu bieten. Noch immer laufen die Machtstränge in wenigen Männerhänden zusammen. Kompetente Frauen auf Ministerebene sind daher rar. Und wenn es sie gibt, werden sie bei parteiinternen Machtkämpfen schon mal weggebissen. Siehe Annette Fugman-Heesing 1998 und Christiane Krajewski 2001.
Dass Wowereit die enttäuschten SPD-Frauen nun mit Staatssekretärinnenposten abspeisen will, wird nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Senat kein Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse in dieser Stadt sein wird. Und wieder einmal müssen die Politikerinnen feststellen, dass es nicht genügt, Forderungen zu stellen. Hätten sie rechtzeitig mitgekungelt, wären sie möglicherweise besser vertreten.
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