neue cdu-kampagne: Die drei von der Tankstelle
„Das Gewerbe wird aufstehen!“ Diese Kampfansage der deutschen Lkw-Branche, bei der europäischen Blockade- und Erpressungsrallye doch noch ein Ründchen mitzufahren, war das Signal für die Union. Damit hat die Partei einen Bündnispartner gefunden, um die Lunte ans Ölfass zu legen. FAZ, Welt und Bild haben schon unruhig mit den Hufen gescharrt, die Schlagzeilen für den „Benzinkrieg“ liegen bereit. Endlich geht es los. Gemeinsam mit Four-Wheels-Drivern, Breitreifenerotikern und den „Kapitänen der Landstraße“ bläst Angela Merkel zum letzten Gefecht: dem Kampf um das Grundrecht auf niedrige Spritpreise.
Kommentarvon MANFRED KRIENER
Lange hat die CDU nach politischen Sollbruchstellen der Bundesregierung gesucht, die zu einer Kampagne taugen. Rente und Steuerreform waren im Rohr krepiert, „Kinder statt Inder“ ging daneben, auch die Schwulenehe barg nicht genügend Aufputschpotenzial. Zuletzt vermochte selbst der schwächelnde Euro – Arbeiter, die SPD macht euch euren Urlaub in Florida kaputt! – die Deutschen nicht so richtig in Panik zu versetzen. So war die Kampagnenfähigkeit der großen deutschen Volkspartei mit ihrem Toptrio Merkel/Merz/Polenz mehr und mehr auf die Schlagkraft einer Fliegenpatsche geschrumpft.
Jetzt wollen die drei von der Tankstelle mit „Benzinwut“ und „Ökosteuer-Irrsinn“ punkten. Wenn einem nichts mehr einfällt, dann ist zumindest auf die tiefer gelegten Instinkte des deutschen Autofahrers Verlass. Pech nur, dass ausgerechnet jetzt die Opec angekündigt hat, die Fördermenge um täglich 800.000 Barrel zu erhöhen, was mittelfristig zu leichten Preissenkungen führen könnte.
Der CDU wird die Benzinkampagne nicht helfen. Schröder ist opportunistisch genug, um im Ernstfall tatsächlich die Ökosteuer zu verschieben. Die Benzinpreise werden fallen, aber das Problem der Union bleibt. Noch nie in der Nachkriegsgeschichte hatten die deutschen Konservativen eine ähnlich schwache Führungscrew. Generalsekretär Polenz fehlt jegliches Feuer für seinen Job, Fraktionschef Merz wirkt zunehmend wie ein Politdarsteller, ohne Authentizität und Autorität. Und Frau Merkel vermag die Partei weder programmatisch noch atmosphärisch zu liften. Um aus der Defensive zu kommen, scheint die CDU aber zum Äußersten bereit: Notfalls versucht man ein ganzes Land in Benzinaufstände zu stürzen. Doch selbst ein Spritpreis von fünf Mark wird der Union nicht aus der Krise helfen.
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