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meinungsstark

Kolonialismus und Ideologie

„Die Regel ist diskriminierend“, taz vom 13. 3. 21

Aus den einst bei Bhabha, Said oder auch Hall so verdienstvollen „postcolonial studies“ heraus hat sich im Zuge des identitätspolitischen oder „intersektionalen“ Dogmatismus der letzten Jahre inzwischen ein rigider akademischer und journalistischer Orthodoxismus herausentwickelt, der sich auch in der taz – besonders bei taz zwei – immer häufiger Ausdruck verschafft. Demzufolge ist unter anderem „Kolo­nialismus“ eine Art universelle Welterklärungsvariable, ähnlich der des Kapitalismus. Insbesondere der zeitgenössisch-aktivistische Antirassismus bezieht sich zunehmend auf diese Ideologismen in wissenschaftlichem Gewand, was dann im Falle des Kolonialismus zuverlässig zu allerlei ahistorischen Kurzschlüssen führt.

Nun also, ist im „Leibesübungen“-Teil der taz von Frau Heckemeyer zu erfahren, verdankt sich sogar die Kategorie Geschlecht (gender) dem Kolonialismus, und „schwarze Körper“ sind dem kolonialen Verständnis nach also „geschlechtslos“ gewesen … Abermillionen vergewaltigte und missbrauchte schwarze Frauen aus der langen Kolonialgeschichte würden dies zweifellos gerne bestätigen, so sie noch könnten. Es ist noch immer epistemologisches Basiswissen: Aus einer Reihe verkehrter oder übervereinfachter Annahmen, von zum Beispiel „schwarz“ und „weiß“, lassen sich beliebig viele weitere falsche Sätze folgern, und am Ende steht dann ein geschlossenes „intersektionales“ Ideologiegebilde, das zwar gegenüber jedweder Empirie immun ist, sich aber umso leichter in jeden nur denkbaren Zusammenhang einfügen lässt (hier: der Fall einer südafrikanischen Leichtathletin).

Gerade in Zeiten, wo von rechts allen emanzipatorischen Bestrebungen in der Wissenschaft das Etikett „Ideologie“ verpasst wird, ist eine solche Undifferenziertheit akademisch höchst bedauerlich. Nicht in Bezug auf dieses journalistisch solide Interview, aber grundsätzlich scheint mir die Frage in Bezug auf die Zukunft der taz in diesem größeren Zusammenhang zu sein: Wie viel Aktivismus verträgt guter Journalismus (hier eben: Sportjournalismus)? Justin Larutan, Stuttgart

Femizid und Narzissmus

„Kein Land ohne Femizide“, taz vom 17. 3. 21

Begriffe für Tötungen wie Suizid, Homizid, Fetozid, Neonatizid, Patrizid bezeichnen i. d. R. einfach deren Opfer. Die meisten gewaltsamen Tötungen sind in diesem Sinne Androzide. Der Begriff Femizid versucht dagegen, den des Genozids darin zu beleihen, dass er ein eklatantes Tötungsmotiv unterstellt (ethnischen Hass, Frauenhass). Das zielt auf politische Empörung, ist aber sachlich unsinnig. Richtig ist, dass der Begriff Eifersuchtsdrama euphemisiert, der Begriff Beziehungstat oder -tötung ist aber präzise. Frauen in Paarbeziehungen (und übrigens auch: einige Männer) werden nicht getötet, „weil sie Frauen sind“, sondern weil jemand sie als Lebenspartnerin exzessiv für sich beansprucht. In dieses Motiv fließen nicht nur patriarchale, sondern vor allem narzisstische Momente ein. Stefan Hirschauer, Mainz

Das „aggressive“ Symbol?

„Symbol eines Kulturkampfes“, taz vom 22. 3. 21

Mit einem hat Rainer Balcerowiak recht: Das Kopftuch ist Symbol eines Kulturkampfes. Nur so kann man auf die Idee kommen, ein eher harmloses Kleidungsstück als „aggressiv“ („aggressives Symbol“) zu bezeichnen. Zu diesem Symbol machen die, die es verbieten, es ganz genauso wie die, die es als politisches Symbol nutzen. Die Leidtragenden: junge Akademikerinnen, sicher oft der ersten Generation in ihren Familien. Gruppendruck, das Kopftuch zu tragen, würden Lehrerinnen mit Kopftuch „natürlich weiter befeuern“? Woher weiß der Autor das? Es gibt ja keine. Es kann sein, dem wäre so. Ebenso kann aber sein, dass eine Lehrerin mit Kopftuch den mobbenden Mädchen mit sehr viel mehr Autorität klar machen kann, dass ihr Mobbing völlig gegen die Werte des Islam steht. Könnte es sogar sein, dass positive Identifika­tionsfiguren mit Kopftuch die Gruppenabgrenzung weniger dringend machen? Wir wissen es nicht. Silke Karcher, Berlin

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