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kommentarNeue Soziale Marktwirtschaft: CDU-Wahlkampfschlager mit Nullwachstum

Keine CDU-Kampagne war bisher besser geplant, keine so gut von Artikeln und Interviews begleitet. Eine Kommission wurde eingesetzt, es gab Kongresse zum Thema – und es sollte der Wahlkampfschlager werden: Angela Merkels „neue Soziale Marktwirtschaft“.

Ja, es kam noch besser: Es gelang sogar, eine parteiübergreifende Initiative für die CDU einzuspannen. Ganz kostenlos, denn die Anzeigen zahlte die Wirtschaft. Zwischen Professoren, Schauspielern und Konzernchefs warb selbst der Grüne Oswald Metzger für die „Initiative neue Soziale Marktwirtschaft“. Obertitel: „Chancen für alle“.

Schon schien es, als hätte Angela Merkel dem Kanzler erfolgreich seine „neue Mitte“ geklaut. Als würde sie einen parteiinternen Triumph erleben, wenn die „neue Soziale Marktwirtschaft“ vom CDU-Vorstand abgesegnet wird. Doch plötzlich gewann eine belächelte Minderheit an Meinungsmacht: der Arbeitnehmerflügel in der Union. Plötzlich wird ernst genommen, dass „Chancen für alle“ nicht reicht. Weil dies nur jene stärkt, die schon stark sind. Plötzlich erkannte sogar die CSU, dass Gerechtigkeit etwas anderes ist.

Wie konnte eine so gut geplante Kampagne so danebengehen? Merkel hat einfach übersehen, dass sich die Konjunkturlage verschlechtert hat. Brummte die Wirtschaft im November noch, so nähern wir uns jetzt dem Nullwachstum. Kaum wächst für viele die Gefahr, den Job zu verlieren, wirkt es nicht mehr plausibel, dass Arbeitslose an ihrer Arbeitslosigkeit selbst schuld sind.

Merkel ist lernfähig: Jetzt will sie doch „Wohlstand für alle“ – jenes Konzept der sozialen Marktwirtschaft, das überwunden werden sollte. Klingt gut. Doch sobald der Schock der Rezession bei den Wählern vorbei ist, wird wieder an Popularität gewinnen, was Roland Koch gestern in die CDU-Vorstandsbeschlüsse drücken konnte: dass Sozialhilfeempfänger Schmarotzer sind, die zur Arbeit gezwungen werden müssen.

ULRIKE HERRMANN

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