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kabolzschüsseAuf der Suche nach Berlins randigster Randsportart

Hundesport

Ist der Afghane dumm? Nur weil er nicht hündelt. Also nicht auf Domestike macht. Und auch nach 20 Befehlen die neue Übung nicht kapieren will. Ist der Collie schlau? Nur weil er nicht nachsitzen muss und gleich aufs Bello-Gymnasium darf. Egal. Alle Kleffer übertrifft der Schäferhund, diese Intelligenzbestie. Wegen seiner servilen Gelehrsamkeit ist es ein Leichtes, Hundesport mit ihm zu treiben, als da wären: Agility, Flyball, Geländelauf, Schutz- und Turnierhundesport.

Auf der Piste muss Canis familiaris domesticus pecuarius allerdings dem Afghanen den Vortritt lassen. Die stolzen Tiere, mitunter Windu Khan von St. Mauritius geheißen, sind einfach unschlagbar schnell. Sie sind die Vierbeiner der Wahl für Windhundrennen, die in Berlin auf der Trabrennbahn Mariendorf ausgetragen werden.

Zum Schlittenhundesport wiederum taugt der Husky, der sich ebenso folgsam wie der Grönlandhund oder der Samojede anschirren lässt, um anschließend wie angeschossenes Wild durch den Schnee zu preschen. Der Trail Club Brandenburg veranstaltet im Harz Rennen mit den frostresistenten Kötern. Das berühmteste Rennen steigt in Alaska, die „All Alaska Sweeptakes“. Musher, also Schlittenhundeführer John Johnson brauchte für die veranschlagten 650 Kilometer etwas mehr als 74 Stunden – Rekordzeit seit 1914.

Tierkenner Alfred Brehm wusste vom Schäferhund zu berichten: „Wie bei jedem Hunde erkennt man in ihm das Spiegelbild seines Herrn.“ Das soll auch umgekehrt gelten. Durch den gemeinsamen Sport mit dem Tier soll sich die Ähnlichkeit zuspitzen, was bei Herrchen von Boxern und Pudel-Frauchen recht erschreckende Ergebnisse zeitigt. Angeblich.

In Großstädten durfte der hundelose Mitbürger bisher davon ausgehen, Hasso oder Blondi beschmutze nur den Gehsteig und diene ansonsten zu therapeutische Zwecken, deren Ausmaß im Dokumentarstreifen „Tierische Liebe“ zu bewundern war. Dem Urteil von Werner Herzog („Ich habe noch nie so tief in die Hölle geschaut“) durfte man sich danach getrost anschließen.

Doch weit gefehlt. Allerorten drängt es Hund und Halter zu Leibesübungen. Und das geht so: Der Hundesportfreund stellt verschiedenartige Hindernisse auf, etwa Hürden, Slalomstangen, Schläuche und Barren. Mit Schnuffi hetzt der Sportkynologe dann durch den Parcours, um danach in der Gehorsamkeitsprüfung doch noch die Überlegenheit über das Tier zu demonstrieren.

Der Drang zum Hündischen ist ungebrochen. RTL II führte den Beweis. Sie bezogen einmal vor der Gedächtniskirche Posten, um Passanten Gassi zu führen. Für 300 Mark krabbelten zwei junge Mädchen an der Doppelleine. Eine hob gar das Bein, um ein Geschäft anzudeuten. Noch ist die Deutsche Hundesport-Vereinigung nicht auf die Idee gekommen, den Wettkampf um jene Disziplin („Den Hund machen“) zu erweitern. Es bleibt noch viel zu tun.

MARKUS VÖLKER

Auf der Außenseiterskala von null bis zwölf: 10 Punkte

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