jüdische gemeinde: Der Mahner wird fehlen
Nach der Abwahl von Andreas Nachama als Vorsitzender am Mittwochabend zeichnet sich unter dem neuen Vorstand ein konservativerer Kurs der Jüdischen Gemeinde ab. Auch die russischsprachigen neuen Mitglieder haben an Einfluss gewonnen – aber das ist nicht alles. Sollte die Antrittsrede des neuen Chefs Alexander Brenner richtungweisend sein, deutet sich auch ein neuer Stil der Gemeinde an: In seiner Rede rügte Brenner Teile der deutschen Medien wegen ihrer Berichte über Israel. Schon im Gemeindeparlament war er Initiator einer diesbezüglichen Resolution gewesen.
Kommentar von PHILIPP GESSLER
Hier sticht der Unterschied zu Nachama besonders hervor, denn der verstand es meisterhaft, die mediale Klaviatur zu spielen: Er selbst profitierte davon, aber auch die Gemeinde. Denn dank dieses Talents ihres (nun Ex-)Chefs hatte sie eine bedeutend größere Präsenz in der Öffentlichkeit, als von ihrer Größe her zu erwarten gewesen wäre.
Hierin glich Nachama dem früheren Zentralratspräsidenten Ignatz Bubis, dem dies sogar noch besser gelang. Wie Bubis konnte sich Nachama so als ein steter und nötiger Mahner gegen rechte, rassistische oder fremdenfeindliche Tendenzen in der Gesellschaft insgesamt profilieren. Kein Zufall, dass er der Hauptinitiator der Großdemonstration am 9. November 2000 gegen die rechte Gewalt wurde. Er machte sich zum gefährdeten Hassobjekt der Nazis – wir alle profitierten. Nicht zuletzt wegen dieser Courage ist klar: Nachamas Stimme wird fehlen.
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