industriekultur: Akt der Selbstverstümmelung
Gemessen an anderen Städten besitzt Berlin kaum Baudenkmäler aus dem Mittelalter, dem Barock oder dem Klassizismus. Umso wichtiger ist es, die bestehenden Industrie-Architekturen zu erhalten, sind sie doch Chiffren und Symbole spezifisch berlinischer Geschichte.
Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER
An ihren Standorten nahm der Aufstieg der Stadt zur modernen Metropole ihren Ausgang. Das „Elektropolis“ aus AEG und Siemens stand synonym für Berlin und Zukunft. Die Bauten und ihre Architektursprache bildeten die ersten Zeichen der klassischen Moderne, die stilbildend für einen ganze Epoche werden sollten. Die Werkshallen der AEG sind heute internationale Kulturdenkmäler der Industrialisierung und der Welt der Arbeiterbewegung. Ihre Aufgabe käme einem Akt der Selbstverstümmelung gleich.
Der Senatsbaudirektor weiß dies alles und setzt mit der Verlängerung des Vollmer-Passes dennoch deren Bedeutung aufs Spiel. Statt bei der schwierigen Lage der Umnutzung beizuspringen und die Einzigartigkeit der Bauten einzuklagen, opfert er diese dem Ansinnen aus Rendite, Ignoranz und Verdrängung. Am Tag des Denkmals ist es wichtig, ein anderes Signal zu setzen: nämlich den Eintritt für die Industrie-Architektur, die Suche nach Nutzungen und Investoren sowie die Bündelung von Initiativen, die dem Umbau Berlins zur Dienstleistungsstadt und dem Erhalt seiner Industriekultur verpflichtet sind.
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