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hörbarSchlager und Feindeinsprüche

„Zunächst die Tagesparole“, (Di., 19.15 – 20 Uhr, Deutschlandfunk)

„Einschalten“ sollte in diesem Fall die Tagesparole lauten. Denn Martin Hartwigs Feature über die „Rundfunkbesprechungen des Propagandaministeriums“ kommt vom Titel her zwar eher wie eine staubtrockene Magisterarbeit daher. Und ist doch ganz etwas anderes: ein subtiler Einblick in den Alltag der nationalsozialistischen Propagandamaschine, zu der an allererster Stelle der „Großdeutsche Rundfunk“ gehörte.

Hartwig hat dazu einen Schatz gehoben, der offenbar lange – viel zu lange – unbeachtet in DDR-Nachfolgarchiven gewartet hatte: die Mitschnitte eben jener Konferenzen, die täglich im Propagandaministerium stattfanden und für den gesamten NS-Rundfunk die Linie vorgaben.

Und das nicht formal-inhaltlich, sondern ganz nah an der medialen Praxis: Proteste gegen Schlager wie „Kauf dir einen bunten Luftballon“ muss der „Leiter der Rundfunkabteilung im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda“, Hans Fritzsche, da verhandeln („Ich habe jetzt diese Schlager bekommen und muss sagen: Ich finde sie reizend. (…) Wirklich blöd ist das, daran etwas zu kritisieren“).

Patzer ausbügeln, wenn im gleichgeschalteten Rundfunk doch einmal eine nicht freigegebene Meldung aus dem neutralen Ausland verbreitet wurde. Oder der allein seligmachende Wehrmachtsbericht ausblieb und niemand an eine technische Panne glauben wollte. Von der Hitler-Rede, die durch „Feindeinsprüche“ der Alliierten unterbrochen und überlagert wurde, ganz zu schweigen.

Der professionell-nüchterne Umgang mit dem mörderischen Alltag kommt vielleicht gerade deshalb so krass an, weil Hartwig durch zahlreiche Originalaufnahmen belegt, dass eben nicht alles stets von oben vorgegeben war. Die meisten Mitwirkenden waren von ihrer Sache so überzeugt, dass es der Tagesparolen wahrscheinlich gar nicht immer bedurft hätte.

Fritzsche selbst hatte das nach der Befreiung vom NS-Regime natürlich anders dargestellt: Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess sah sich der Propagandist „zusammen mit vielen Deutschen“ im „Lager der Getäuschten“. STG

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