heute in hamburg: „Gerade für Familien schwierig“
Interview Alexandra Hilpert
Frau Alhaj, finden Geflüchtete in Hamburg nur miese Jobs?
Das würde ich nicht sagen. Wer sich anstrengt und die Sprache lernt, hat gute Chancen, einen fair bezahlten Job zu finden. Die Anerkennung von Berufsabschlüssen dauert zwar manchmal eine Weile, funktioniert aber in den meisten Fällen.
Nicht bei allen klappt das so reibungslos. Vor welchen Herausforderungen stehen Geflüchtete, wenn sie arbeiten wollen?
Die größte Herausforderung ist die Sprache. Man muss meistens perfekt Deutsch sprechen und schreiben können, um hier einen guten oder überhaupt einen Job zu finden. Eine komplett neue Sprache zu lernen, fällt aber vielen schwer oder sie haben keine Zeit, weil sie Geld verdienen müssen. Dabei verdienen sie häufig nicht genug. Gerade für Familien mit Kindern ist das schwierig, weil beide Elternteile arbeiten gehen müssen, um über die Runden zu kommen. Dann ist niemand mehr da, der sich um die Kinder kümmert.
Die Care-Arbeit leisten heute noch immer häufig die Frauen. Ist der Berufseinstieg für geflüchtete Frauen deshalb schwieriger als für Männer?
Ja, ist er. Viele Arbeitgeber nehmen keine Rücksicht darauf, dass Frauen manchmal nach Hause müssen, wenn es ihren Kindern schlecht geht. Sie verlangen, dass Frauen kompromisslos verfügbar sind. Das ist aber nicht immer möglich, wenn man Kinder hat. Außerdem stellen viele Arbeitgeber pauschal keine Frauen ein, die Kopftuch tragen.
Was müsste passieren, um Geflüchteten den Einstieg zu erleichtern?
Gesprächsabend „Recht auf faire Arbeit“, 19 Uhr, Museum der Arbeit, Torhaus, Wiesendamm 3; Eintritt: frei. Der Gesprächsabend ist Teil der Veranstaltungswoche zum Thema Flucht und Migration: „zu-recht-kommen“
Ich glaube, vielen würde es helfen, die Sprache mit der Praxis zu verbinden. Es müsste möglich sein, zu arbeiten oder eine Ausbildung zu machen und gleichzeitig Deutsch zu lernen, damit das Gelernte sofort angewendet werden kann. Außerdem habe ich den Eindruck, dass in Deutschland die Löhne zu niedrig sind, um eine Familie zu finanzieren.
Gibt es eine Beratung für Geflüchtete, die sie über ihre Rechte auf dem Arbeitsmarkt aufklärt?
Ja, es gibt mehrere, die sich unterschiedlich spezialisiert haben. Wir als Zentrale Anlaufstelle Anerkennung kümmern uns darum, dass die Berufs- und Hochschulabschlüsse anerkannt werden. Es gibt auch Stellen, die für die Anerkennung des Schulabschlusses zuständig sind oder Geflüchtete beraten, die ihr Studium im Heimatland angefangen haben und nicht beenden konnten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen