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heute in hamburg„Bildungspolitik ist für viele Klassenpolitik“

Szenische Lesung: „100 Jahre Einheitsschule“, 18 Uhr, Kaisersaal im Rathaus, Eintritt frei

Interview Lukas Ziegler

taz: Frau Boeddinghaus, warum gedenkt die Linksfraktion mit der Einheitsschule einer Errungenschaft der SPD?

Sabine Boeddinghaus: Um unsere sozialpolitischen und bildungspolitischen Forderungen mehrheitsfähig machen zu können, wäre die Unterstützung der SPD wünschenswert. Wir erinnern die Sozialdemokraten immer wieder daran, dass sie selber einmal Politik im Geiste einer „Schule für alle“ gemacht haben. Für eine demokratische und inklusive Schule gilt es, alle Kräfte immer wieder zusammenzuholen, die das eigentlich in ihrem Programm haben. Die Lesung ist eine weitere Möglichkeit dazu.

Eine „Schule für alle“, was soll das sein?

Wir haben eigentlich schon eine Schule für alle und zwar die Grundschule. Kinder mit verschiedenen sozialen Hintergründen lernen gemeinsam. Es spricht nichts dafür, diese dann im Alter von neun oder zehn Jahren nach Begabungstypen und möglichen Abschlüssen aufzuteilen. Im Herbst stellen wir deshalb ein mit Experten ausgearbeitetes inklusives Schulgesetz vor. Wir werden zeigen, dass eine inklusive Schule im Sinne der UN- Kinderrechts- und Behindertenrechtskonvention möglich ist. Alle Kinder sollten das Recht haben, auf die Schule ihrer Wahl gehen zu können. Die aktuelle Trennung ist politisch gewollt und hat nichts mit Pädagogik zu tun.

Was meinen Sie damit?

Foto: Linksfraktion

Sabine Boeddinghaus, 62, Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Bürgerschaft.

Für viele in der Stadt gilt nach wie vor: Bildungspolitik ist ein Stück weit Klassenpolitik und auch Klassenkampf. Es ist schlichtweg nicht gewollt, dass alle die gleichen Bildungschancen haben und Kinder aus allen Schichten die Möglichkeit bekommen, Abitur zu machen. Das haben Initiativen wie „Wir wollen lernen!“ in der Vergangenheit eindeutig gezeigt. Man will unter sich bleiben.

Wie sieht es im Vergleich zu 1919 aus?

Man muss sagen, dass sich seitdem die Bildungsbeteiligung und der Zugang zur Bildung natürlich für viele Kinder deutlich verbessert hat. In der sozialen Frage sind wir allerdings eher rückschrittig. Das Zwei-Säulen-Modell spiegelt die soziale Spaltung in der Gesellschaft wider. Es gibt immer noch die Stigmatisierung, dass die Postleitzahl über den Bildungsstand entscheidet. Das gilt für Kinder mit Migrationshintergrund, aber auch für solche mit besonderem Förderbedarf. Statt Inklusion, wie es das Hamburgische Schulgesetz fordert, wird immer mehr Exklusion betrieben.

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