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heute in hamburg„Durch Inklusion wird es bunt“

Foto: privat

Dieter Sanlier, 49, ist Ansprechpartner für die Landesarbeitsgemeinschaft Inklusionsfirmen Hamburg.

Interview Maren Knödl

taz: Herr Sanlier, laut Bundesagentur für Arbeit waren 2016 etwa eine Millionen Schwerbehinderte über Pflichtarbeitsplätze beschäftigt – von 3,3 Millionen Schwerbehinderten im arbeitsfähigen Alter. Ist das genug?

Dieter Sanlier: Im Vergleich zu den Menschen ohne Behinderung, ist die Beschäftigungsquote bei Schwerbehinderten immer noch sehr gering. Da greifen die aktuellen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen noch nicht genug.

Ab einer Größe von 20 Mitarbeitern muss ein Betrieb gesetzlich mindestens fünf Prozent Schwerbehinderte einstellen.

Viele Betriebe zahlen aber immer noch lieber die Ausgleichszahlungen, anstatt diese Quote einzuhalten. Das hängt meistens vor allem mit unbegründeten Ängsten zusammen. Zum einen scheint oft der bürokratische Aufwand sehr hoch. Zum anderen ist da die Angst, Beschäftigte durch den Kündigungsschutz nicht mehr loszuwerden. Dabei geht es oft auch um Leute, die durch eine Erkrankung zu Schwerbehinderten wurden, ihre Arbeit aber immer noch genauso gut ausführen können, wie vor ihrer Erkrankung.

Müsste von staatlicher Seite noch mehr für die Inklusion getan werden?

Meiner Meinung nach reichen die Vorgaben des Integrationsamtes aus. Allerdings müsste das ganze Antragsprozedere für Förderungen vereinfacht werden. Das wirkt auf viele Arbeitgeber abschreckend. Und die Stadt müsste auch offensiver für Inklusion werben. Da gibt es noch ein großes Wissensdefizit, was beispielsweise gerade die Förderungen angeht.

Welche Vorteile hat die Inklusion Schwerbehinderter für die Arbeitgeber?

Grünschnack #19, „Inklusionsbetriebe – Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung“, ab 16 Uhr, Spielbudenplatz

Zum einen erhalten Unternehmen eine hohe finanzielle Förderung. Für eine behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes zahlt der Staat bis zu 25.000 Euro an Arbeitgeber. Teilweise wird auch die Betreuung oder ein Anteil vom Lohn übernommen.

Und im Bezug auf die Vielfalt in einem Betrieb?

Aus meiner Erfahrung ist das Arbeiten mit Behinderten entschleunigend. Und man wird sensibler, weil man sich auf die Menschen einstellen muss. Es kann nicht immer höher, schneller, weiter gehen. Und durch die Inklusion wird es sehr bunt. Geistig Behinderte zum Beispiel freuen sich, in der Arbeit einen Anker gefunden zu haben, arbeiten meistens sehr motiviert und sind nie krank.

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