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heute in hamburg„Obdachlose sind Menschen wie du und ich“

Jutta Bauer, 62, ist Illustratorin und Autorin von Kinder- und Jugendbüchern. 2010 erhielt sie den Hans- Christian-Andersen-Preis..

taz: Frau Bauer, spricht man mit Jugendlichen genug über Armut?

Jutta Bauer: Generell habe ich das Gefühl, es wird nicht viel über Armut gesprochen. Es ist auch kein angenehmes Thema: Als Wohlhabender ist es peinlich, darüber zu sprechen, wie ich zu Armen stehe. Für mein Buch „Armut – Schüler fragen nach“ haben SchülerInnen Fragen gestellt und Ethiker, Politiker, Arme und Reiche haben geantwortet. Dabei haben die Kinder auch gefragt: „Fühlen Sie sich wohl mit dem Geld, das Sie haben, wenn Sie wissen, dass es anderen fehlt?“

War es denn schwierig, Antworten zu bekommen?

Erstaunlicherweise nicht. Auch Prominente wie Sportler waren sehr offen und bereit, die Fragen der SchülerInnen zu beantworten. Nur bei den Wohlhabenden war es schwierig. Da haben wir nur die angepassten Antworten bekommen. Es war aber auch klar, dass niemand sagt: „Es ist mir egal, die Armen sind daran selbst schuld und ich behalte alles für mich.“ So einen hätten wir gerne bekommen, um das Spektrum zu haben. Aber die Reichen, die man kriegt, sind natürlich die, die sich gegen die Armut einsetzen.

Was haben Sie selbst dabei gelernt?

Ich war schon offen für das Thema, durch meine Kontakte mit Hinzt&Kunzt, aber ich bin jetzt offener in der Kommunikation mit Leuten, denen ich auf die Straße begegne, die betteln oder Hinzt&Kunzt verkaufen. Ich spreche sie jetzt oft an, dieses Weggucken mache ich nicht mehr. Es sind Menschen wie du und ich und mit denen kann man auch quatschen. Ich gebe auch mehr Geld.

Ist es auch ein Ziel des Buches, dass man sein eigenes Verhalten ändert?

Ich habe das Buch nicht gemacht, um Leute zu belehren, sondern um das Thema zu beleuchten. Armut ist ein breites, gesellschaftlich relevantes Problem, das im Moment im politischen Diskurs viel zu wenig beachtet wird. Es wäre ein schöner Effekt des Buches, wenn das wahrgenommen würde. Jeder Fünfte in Deutschland ist armutsgefährdet. Das ist viel. Dass Armut nicht selbst verschuldet ist und dass sie kein Einzelfall ist, sollte anerkannt werden und politische Konsequenzen haben.

Da haben Sie sich viel vorgenommen.

Es ist ein Herzensprojekt. Man stellt sich vor, „oh die Armen, sie stinken womöglich“. Diese Klischees stimmen aber gar nicht. Ich bin immer gerne hingegangen und habe auch vor, das weiterzumachen. Es ist etwas in mein Leben reingerutscht, das nicht mehr weggeht.Interview Adèle Cailleteau

„Armut – Reden wir darüber!“ Buchvorstellung: 18 Uhr, Goldbekhaus, Moorfuhrtweg 9

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