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heute in hamburg„Entrechtet und vertrieben“

Geschichte Christine Harff spricht über die Spuren jüdischen Lebens im Grindelviertel

Foto: privat
Christine Harff

59, ist Diplom-Soziologin, wohnt seit über 20 Jahren im Grindelviertel und organisiert den Stadtteilrundgang.

taz: Frau Harff, das Grindelviertel gilt als das ehemalige „Klein Jerusalem“. Wie viel jüdisches Leben gibt es dort heute noch?

Christine Harff: In letzter Zeit gibt es wieder mehr jüdisches Leben im Viertel. Seit 2002 ist die Talmud-Tora-Schule wieder im Eigentum der jüdischen Gemeinde. Diese hat dort ihr Zen­trum, eine Schule und einen Kindergarten. Aber das Viertel hat natürlich nicht den gleichen Charakter wie vor dem Krieg.

Wurden die Institutionen jüdischen Lebens in der Zeit des Nationalsozialismus allesamt zerstört?

Die allermeisten. Die große Bornplatz-Synagoge ist in der Pogromnacht geschändet worden und musste dann ein Jahr später auf Kosten der Gemeinde abgerissen werden. Es gab eine Synagoge in der Heinrich-Barth-Straße, die zu Wohnraum umgebaut wurde. Die Dammtor-Synagoge ist gegen Kriegsende durch Bombenangriffe zerstört worden. Nach dem Krieg ist eine Straße, die sehr mit dem jüdischen Leben im Grindelviertel verknüpft war, zugunsten des Uni-Campus abgerissen worden. Daran erinnert inzwischen ein Wandbild.

Was passierte mit den jüdischen Bewohnern in der Nazi­zeit?

Das war ein sich steigernder Prozess, der mit der Entrechtung und der Vertreibung aus allen öffentlichen Bereichen begann und mit Deportationen endete.

Welche Spuren sind noch sichtbar?

Sichtbar sind die Stolpersteine im Viertel. Das Gebäude des Tempels ist erhalten geblieben und beherbergt heute das NDR Studio in der Oberstraße. Die Kammerspiele befinden sich im ehemaligen jüdischen Logenhaus. Neben der Talmud-Tora-Schule prägt der Platz, auf dem die große Bornplatzsynagoge gestanden hat, das Viertel. Es hat auch einen jüdischen Friedhof gegeben, der häufig überhaupt nicht wahrgenommen wurde.

Was ist das Ziel Ihrer Bildungsarbeit?

Dass das, was hier stattgefunden hat, nicht vergessen wird. Was in der Erinnerungskultur leicht passiert, ist, dass das jüdische Leben idealisiert dargestellt wird. Ich möchte gerne den normalen Alltag eines Zusammenlebens in Verschiedenheit darstellen. Dazu gehören auch Konflikte.

Interview Tobias Brück

Rundgang durch das Grindelviertel: 17 Uhr, Dammtorbahnhof, Ausgang Theodor-Heuss-Platz

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