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heute in hamburg„Übermächtiges im Nacken“

Dokumentation Der Film „Krieg&Spiele“ beschäftigt sich mit der Distanz des Tötens durch Drohnen

Foto: Karin Jurschick
Karin Jurschick

57, mehrfach ausgezeichnete Regisseurin und Mitbegründerin des internationalen Frauenfilmfestivals Feminale.

taz: Frau Jurschick, warum haben Sie in Ihrem Film eine Kameradrohne verwendet?

Karin Jurschick: Wir hatten eine kleine Drohne mit und haben unsere Protagonisten gezielt dem Gefühl ausgesetzt, wie es ist, davon beobachtet zu werden. Den Betroffenen im Krieg ist es natürlich wurscht, ob sie von einer Drohne oder einer anderen Waffe getroffen werden. Es geht mehr um das ausgelieferte Gefühl der ständigen Beobachtung aus der Luft. Etwas Übermächtiges, was einem im Nacken sitzt.

Wie kamen Sie auf die Idee eine Dokumentation über Kriegsdrohnen zu machen?

Vor einigen Jahren habe ich zum ersten Mal davon gelesen. Je mehr ich hierzu recherchiert habe, desto mehr wurden Drohnen zum Gesprächsthema. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, nicht nur bei den Drohnen zu bleiben, sondern die Frage größer zu stellen: Wie verändert sich Kriegsführung, wenn man mehr und mehr Roboter und künstliche Intelligenz einsetzt? Ich habe auch mit einem Professor gesprochen, der eine Ethiksoftware entwickeln will.

Was kann man sich unter einer Ethiksoftware vorstellen?

Ganz platt ausgedrückt geht es bei dem Thema Ethik ja um diese Frage: Was darfst du tun und was nicht? Dies kann man natürlich auch einem Kriegsroboter beibringen. Kinder erschießen, nein. Alle anderen erschießen, die eine Waffe in der Hand haben, ja. Das ist natürlich ein sehr begrenzter Blickwinkel.

Wie verändert sich die Kriegsführung derzeit?

Heutzutage gibt es immer mehr asymmetrische Kriege, die im zivilen Raum stattfinden – ohne ein ersichtliches Ende und ohne ersichtlichen Gegner. An diesen Konflikten beteiligen sich gleich mehrere Terror-Organisationen. Dabei spielt Überwachung eine große Rolle.

Worin besteht denn der Unterschied zwischen dem Töten mit einem Kampfpanzer aus mehreren Kilometern Entfernung oder per Joystick-Steuerung einer Drohne?

Natürlich ist das eine andere Situation, ob ich in einem rüttelnden Panzer hocke oder von tausend Kilometer Entfernung über eine Kamera das Geschehen verfolge und steuere. Das macht etwas ganz anderes mit den beteiligten Soldaten, auch wenn ich nicht sagen kann, ob das eine oder das andere im Endeffekt traumatischer ist. Ich glaube, das ist nicht genau messbar.

Interview: Nora Kaiser

Dokumentation „Krieg&Spiele“, 20 Uhr, Lichtmeß Kino, 4 bis 5 Euro

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