piwik no script img

heute in hamburg„Einfach nur gefährlich“

DRECKIG Auf der Max-Brauer-Allee wirdheute für dieEinführung einer Tempo-30-Zone demonstriert

Foto: Christine Klein
Charlotte Lill

69, ist die Begründerin der AnwohnerInnen-Initiative, die Tempo 30 auf der Altonaer Max-Brauer-Allee fordert.

taz: Frau Lill, Ihre Bürgerinitiative fordert, die Max-Brauer-Allee zu einer Tempo-30-Zone zu machen. Wo genau wohnen Sie denn?

Charlotte Lill: Ich wohne in der Nummer 127, in der Nähe der Holstenstraße. Das ist eine Wohnanlage für Seniorinnen. Im Moment sind wir 72 Mieterinnen. Viele meiner Mitbewohnerinnen sind Teil der Initiative.

Und was stört Sie?

Einiges. Da ist etwa die schlechte Luft wegen der vielen Autos. Die Schadstoffwerte liegen weit über dem, was laut EU-Richtlinie erlaubt ist. Wegen der schnellen Autos ist es außerdem sehr laut. Und viele Fahrradfahrer weichen auf den Gehweg aus und stören die Fußgänger.

Im Rahmen des Busbeschleunigungsprogramms verändert der Senat doch derzeit einiges.

Ja, sie planen eine neue Zuweisung der Verkehrsflächen bei uns in der Straße. Also konkret: wird geschaut: Wer soll wo fahren? Das ist im Moment nicht wirklich geregelt, deshalb auch die Fahrradfahrer auf dem Gehweg. Aber diese Pläne berücksichtigen die Schadstoffbelastung, das viel zu hohe Tempo der Autos und den Lärm nicht.

Warum nicht?

Weil die Politiker die Wirtschaft nicht verärgern wollen. Das hat Olaf Scholz bei einer Gesprächsrunde im Kulturzentrum Fabrik gesagt, als ich ihn auf das Problem ansprach. Verkehrseinschränkende Maßnahmen gebe es nur über seine Leiche.

Würde Tempo 30 denn helfen? Meistens ist doch eh Stau.

Ich bin keine Verkehrsplanerin, aber Experten haben mir erklärt, dass Stau dann entsteht, wenn Menschen drängeln und sich überholen. Wenn die Menschen langsamer und hintereinander fahren, verhindert das Stau sogar. Außerdem verringert sich durch die geringere Motordrehzahl der Schadstoffausstoß.

Hat die Schadstoffbelastung denn schon zu Gesundheitsschäden geführt?

Das ist sehr schwer zu beweisen. Eine Studie des Bundesamts für Umwelt hat aber ergeben, dass allein in Hamburg mehr als 1.000 Menschen an den Folgen von Autoabgasen gestorben sind. Deshalb werden wir bei unserer Demonstration heute auch eine Schweigeminute einlegen.

Warum wohnen Sie eigentlich an einer Hauptverkehrsachse?

Uns wird häufig gesagt, dass wir doch in einen Wald ziehen sollen. Wir sind aber der Meinung, dass jede Straße lebenswert sein sollte. Die Max-Brauer-Allee ist einfach nur gefährlich.

Interview: ANTONIA STILLE

Demo „Hamburgs dreckigste Straße“: 18 Uhr, Max-Brauer-Allee, Haltestelle Gerichtsstraße

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen