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heute in bremen„Rückmeldung von einem Mini-Deutschland“

Katrin Tober

42, ist Sprecherin des Landesverbandes Bremen/Niedersachsen von „Mehr Demokratie“ e. V.

Interview Alina Götz

taz: Frau Tober, warum brauchen wir Bürger*innenräte?

Katrin Tober: Wir haben den Eindruck, dass immer mehr Menschen mitgestalten wollen und dass das Format der Parteien nicht für alle das passende ist. Die Kluft zwischen Abgeordneten und den Wählerinnen und Wählern wird größer. Bürgerräte könnten das Vertrauen in die Demokratie stärken: Bürgerinnen und Bürger machen dem Parlament Vorschläge, welche diskutiert und vielleicht auch umgesetzt werden. So wären sie besser eingebunden.

Sie streben geloste Räte an. Warum?

Hier geht es darum, Meinungsbilder aus der Bevölkerung einzuholen, die – anders als bei Umfragen – nach einer ausführlichen Befassung mit dem Thema entstehen. Der Vorteil ist, dass man mit per Los ausgewählten Menschen einen repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft bekommt und damit eine Rückmeldung von einem Mini-Deutschland. Kriterien wie Geschlecht, Bildungsstand, Alter, Wohnort können festgelegt werden. So haben wir es bei den zwei Bürgerräten gemacht, die schon stattgefunden haben. Es ist ja gerade das Problem, dass sich eben nicht alle im Parlament vertreten fühlen.

Und wenn die Ausgelosten keine Lust haben?

Es gibt ja im In- und Ausland Erfahrung mit solchen Räten. Der Ablauf ist der: Anhand der Daten der Einwohnermeldeämter werden Briefe verschickt. Deutlich mehr, als es Zusagen braucht. Wenn beim Rücklauf bestimmte Gruppen unterrepräsentiert sind, geht man immer mehr dazu über, mit Formaten der aufsuchenden Beteiligung zu arbeiten. Wenn zum Beispiel Menschen aus bestimmten Regionen fehlen, werden die auch angerufen oder man geht zu ihnen nach Hause und spricht direkt mit ihnen. Es gelingt nicht immer, den perfekten Querschnitt der Bevölkerung zu bekommen, aber man erreicht so schon eher diejenigen, die sich normalerweise weniger für Politik interessieren.

Was hält die Bundespolitik von der Idee?

Vortrag und Diskussion „Mittendrin mit Bürgerräten“ mit Doris Achelwilm (Linke), Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), Volker Redder (FDP), Thomas Röwekamp (CDU), Sarah Ryglewski (SPD): 18 Uhr, via Zoom, Anmeldung unter www.buergerrat.de/bremen-stadt

Die meisten Parteien – SPD, Linke, Grüne und FDP – haben Bürgerräte in ihren Programmen. Hier gibt es im Gegensatz zur direkten Demokratie eine größere Offenheit. Sicher auch, weil mit den Bürgerräten die letzten Entscheidung immer noch beim Parlament verbleibt.

Ist das nicht ein Problem, wenn Menschen sich beteiligen wollen, das letztlich aber gar nicht sichergestellt ist?

Der Erfolg eines Bürgerrates steht und fällt natürlich mit der Beachtung der Ergebnisse. Deswegen fordern wir eine Verankerung der Bürgerräte auf Bundesebene. Was mit den Ergebnissen passiert, ist die entscheidende Frage. Ist sichergestellt, dass sich das Parlament mit dem Bürgergutachten befasst und dass es Rückmeldung an die Teilnehmenden gibt? Das ist essenziell. Aber die Erwartung, dass die Empfehlungen komplett übernommen werden, ist nicht realistisch. Wichtig ist eine ernsthafte Befassung im Parlament und in den Ausschüssen, um den Abgeordneten einen Wegweiser für ihre politischen Entscheidungen zu liefern.

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