heute in bremen: „Das ist noch nicht in den Schulbüchern“
Rebecca Gefken
28, seit 2019 verantwortlich für das Bremer Frauenarchiv und Dokumentationszentrum, die Feministische Bibliothek und die Social-Media-Kanäle bei belladonna e.V.
Interview Lisa Bullerdiek
taz: Frau Gefken, was hat Rose Ausländer mit dem Tag der Frauenarchive zu tun?
Rebecca Gefken: Seit 1988 wird der Tag der Frauenarchive von über dreißig Lesben- und Frauenarchiven veranstaltet. Damals ist die jüdische Lyrikerin Rose Ausländer gestorben. Ihr zu Ehren wurde der Tag auf dieses Datum gelegt. Am 11. Mai wäre ihr 120. Geburtstag gewesen.
Warum ist es wichtig, dass Archive existieren, die explizit die Geschichte von Frauen abbilden?
Frauengeschichte ist sehr unterrepräsentiert. Das liegt zum Beispiel an männlich geprägter Geschichtswissenschaft. Später entdeckten Feminist*innen der sogenannten zweiten Frauenbewegung Geschichte für sich. Es ist wichtig für junge Feminist*innen, ihre Geschichte zu kennen.
Sonst müssen sie immer wieder von vorne anfangen?
Genau, jede Generation muss eben nicht immer wieder von vorne anfangen, wenn sie sich ihrer eigenen Geschichte bewusst ist und an den Kämpfen anknüpfen kann. Viele Diskurse gab es schon einmal, wenn auch mit anderen Namen. Was wir heute als Intersektionalität bezeichnen, wurde in den 80ern als Mehrfachdiskrimierung behandelt. Ich staune oft selbst darüber, worüber damals schon gestritten wurde. Und es macht mich auch manchmal wütend. Das ist noch nicht in den Schulbüchern.
Welche Frauen werden heute oft vergessen?
Onlinetag der offenen Tür: in den Social-Media-Kanälen und auf dem Blog von belladonna, keine Anmeldung nötig.
Frauen, die nicht cis, ablebodied, weiß und heterosexuell sind, werden häufig vergessen und sind nicht sichtbar. Dabei haben viele verschiedene, tolle Frauen für mehr Rechte gekämpft. Zum Beispiel gab es sehr viele Lesben, die sich für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch eingesetzt haben. Das sollte meine Generation nicht vergessen, denn wir profitieren von dem, was diese Frauen damals erkämpft haben.
Welche Veranstaltungen wird es zum Tag der offenen Tür geben?
Der Tag wird digital stattfinden. Es gibt den Blogbeitrag, in dem es zum Beispiel mehr Infos zu Rose Ausländer geben wird. Außerdem zeigen wir die Vernissage zur Fotoausstellung von Sara Förster mit dem Titel „Blaupause“ und wir stellen unser neues Projekt vor: „MINT Mütter – Wegbereiterinnen und Vorbilder“. Auf unseren Social-Media-Kanälen wird es den ganzen Tag Umfragen und Hintergrundinfos geben. Unter dem Hashtag #tagderfrauenarchive posten die anderen Frauenarchive auch den ganzen Tag, was sie vorbereitet haben.
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