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heute in bremen„Da sind schon noch Lücken und Vorurteile“

Foto: Victor Ströver/nordsign

Jens Laloire, 40, hat als Kulturjournalist, freiberuflicher Dozent, Autor und Moderator gearbeitet. Ab 2019 wird er Geschäftsführer beim Bremer Literaturkontor e.V.

Interview Jan-Paul Koopmann

taz: Herr Laloire, der fünfte Geburtstag Ihrer Lesereihe „Laloire schlägt auf“ ist gleichzeitig die Abschiedsvorstellung. Warum?

Jens Laloire: Nach fünf Jahren hatte ich einfach das Gefühl: Es ist Zeit für was Neues. Ich habe insgesamt 28 Autorinnen und Autoren vorgestellt. Dabei ist ganz viel Material zusammengekommen, mit dem ich jetzt in anderem Rahmen noch mal anders weiterarbeiten will. Im Sommer habe ich bereits eine Veranstaltung zu Wolfgang Herrndorfs fünftem Todestag gemacht, die ihren Ursprung in der Reihe hatte. Da geht es schon weiter, aber für das Format selbst ist gerade der Punkt erreicht, jetzt doch mal aufzuhören.

Worum geht es bei der Reihe genau?

Um zeitgenössische deutschsprachige Literatur. Und das in einer Mischung aus Vortrag und Lesung. Ich habe etwas über die Autoren und ihr Werk erzählt und ausgewählte Textstellen vorgetragen. Das ging eine Stunde und der Leseanteil lag immer so bei 20 Minuten. Also schon so, dass man ein bisschen Zeit hatte, sich auf den Sound der Autoren einzulassen.

Da standen ja große Namen in Ihrem Programm: Wolfgang Herrndorf, Sven Regener, Juli Zeh. Das sind doch jetzt nicht Leute, die man noch groß vorstellen muss, oder?

Ach, das denkt man immer so. Aber die Reihe richtet sich ja jetzt nicht nur an Literaturexperten. Und ich habe ja auch nochmal Schwerpunkte gesetzt. Über Juli Zeh ging es zum Beispiel als politische Autorin. Die richtig bekannten Autoren hatte ich am Anfang, aber das ist dann auch weniger geworden: Jemanden wie Clemens J. Setz oder Olga Grjasnowa – die kennt jetzt auch nicht jeder. Viele Besucher kannten sie jedenfalls nicht. Da sind schon noch große Lücken und Vorurteile. Ich habe in meinem Bekannten- und Kollegenkreis oft den Satz gehört: „Deutschsprachige Gegenwartsliteratur, die kannste knicken.“

Immerhin wird sie gekauft. Ist das Desinteresse vielleicht ein Bremer Phänomen?

Weiß ich nicht … vielleicht. Ich habe den Satz hier jedenfalls oft gehört.

Lesung: „Laloire schlägt auf“: 18 Uhr, Krimibibliothek in der Stadtbibliothek am Wall

Wie sieht es denn überhaupt mit der Bremer Literaturszene aus? Es gibt die weithin wahrgenommenen Festivals: Poetry on the Road meinetwegen oder gerade die globale°.

Ja, die Festivals. Die sind schön und wichtig, aber dann eben auch wieder vorbei. Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz hat neulich gesagt, Bremen wolle jetzt „City of Literature“ werden. Ich bin gespannt, wie das aussehen wird. Bisher fehlen konstante Strukturen. Es gibt kein großes Literaturhaus, wo sich die Szene zentriert. Es gibt keine Literaturzeitschrift, wo sich junge Autoren und Autorinnen ausprobieren könnten.

Wäre das nicht gleich ein Job für Sie? Sie werden doch jetzt Geschäftsführer beim Bremer Literaturkontor.

Natürlich würde ich gerne eine Literaturzeitschrift für Bremen machen, ja. Ich finde, das fehlt. Bisher fehlt aber leider auch noch das nötige Geld. Schauen wir mal, was da in Zukunft geht.

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