heute in bremen: „Dislikes und wütende Emojis reichen nicht“
Interview Gareth Joswig
taz: Frau Janke, wieso wird auf einmal diskutiert, ob man Menschen in Lebensgefahr überhaupt retten darf?
Susanne Janke: Dass man kenternde Boote retten muss, ist unstrittig. Da gibt es nichts zu diskutieren.
Warum aber geraten dann Organisationen zur Seenotrettung derart unter Druck?
Italien hat sich allein gelassen gefühlt und will das Problem gerne auf andere Staaten abwälzen. Auf der anderen Seite wird jetzt auf gezielte Abschreckung gesetzt: Man lässt Flüchtende ertrinken und das Flugzeug Sea Watch darf auch nicht mehr starten. Dann gibt es noch weniger Augen, die von dem Unrecht berichten können. Das ist grausam.
Was tut die Seebrücke dagegen?
Die Seebrücke ist eine spontane Bewegung aus der Zivilbevölkerung und als Reaktion darauf entstanden, dass das Rettungsschiff „Lifeline“ tagelang nirgendwo anlegen durfte. Viele Menschen sagen jetzt: Es reicht uns! Wir haben keine Lust auf diese Politik und sind wütend. Ich kann es nicht mehr aushalten, Teil einer Gesellschaft zu sein, die so etwas gestattet und verursacht. Dislikes und wütende Emojis reichen nicht. Wir gehören zu keiner Partei oder Organisation, haben uns aber für die Demo am Samstag spontan dem Bündnis gegen rechts angeschlossen, das am Samstag vor dem Bahnhof gegen Antifeminismus und Rassismus demonstriert.
Wie kann man mitmachen?
Man kann sich orange kleiden, orangene Tücher tragen oder eine orangene Fahne aus dem Fenster hängen. Das ist die Farbe unserer Bewegung. Sie soll an Rettungswesten erinnern und symbolisieren, dass es Menschen gibt, die bereit sind, Anstand, Moral und Werte zu verteidigen.
Demo „Deutschland schafft sichere Häfen“ für sichere Fluchtwege und Entkriminalisierung der Seenotrettung, 11 Uhr, vor dem Hauptbahnhof
Das ganze nahm seinen Anfang mit einem Spendenaufruf. Wie viel Geld ist inzwischen zusammengekommen?
190.000 Euro in ein paar Tagen. Jan Böhmermann hat als Reaktion auf die Festnahme des „Lifeline“-Kapitäns den Spendenaufruf als Rechtsbeihilfe gestartet und unterstützt auch die Seebrücke.
Was passiert, wenn die Seenotrettung weiter kriminalisiert wird?
Menschen werden weiter sterben. Ich erwarte von Europa eine Lösung dafür. Und das können keine Lager an den Grenzen sein. Natürlich muss man auf lange Sicht auch an Fluchtursachen drehen, die wiederum viel mit unserem Konsumverhalten zu tun haben. Darüber nachzudenken und eine Debatte anzuregen, ist die Idee der Seebrücke.
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