heute in bremen: „Die Stimme der Sprachlosen sein“
Linda Gabriel,33, hat Drama und Theater studiert und tourt als hauptberufliche Poetin durch Afrika, Europa und die USA.
Interview Gareth Joswig
taz: Frau Gabriel, welches Stereotyp nervt Sie am meisten?
Linda Gabriel: Woher kommst du? Hier fragen mich die Leute oft und meistens auch als erstes nach meiner Herkunft. Ich antworte fast schon automatisch: Ich komme aus Zimbabwe und bin Künstlerin. Keine Sorge, ich bin keine Asylbewerberin. Ich bin Poetin, die hier mit Gedichten und einem Theaterstück auf Tour ist.
Um welche Stereotype geht es in Ihrer Performance „You think you know me?“?
Es geht um Sexarbeit. Ich beschreibe detailliert den Tagesablauf einer Sexarbeiterin und gehe dabei auf Stigmata und Stereotype ein, mit denen sie zu kämpfen hat.
Auf welche Art tun Sie das?
Ich erzähle Geschichten und versuche, das Leben und den Alltag von Sexarbeiterinnen für das Publikum auf einem persönlichen und individuellen Level erfahrbar zu machen. Mein Ziel ist, dass die Menschen anders reagieren, wenn sie das nächste Mal mit Sexarbeit konfrontiert sind. Dass sie vielleicht zweimal nachdenken, ehe sie urteilen, mit dem Finger zeigen oder herabwürdigende Ausdrücke benutzen.
Wieso haben Sie sich Sexarbeiterinnen gewidmet?
In vielen meiner Arbeiten nehme ich die Perspektive von Minderheiten ein. Das ist für mich immer die spannendste Perspektive auf eine Geschichte: die marginalisierte. Ich will die Stimme der Sprachlosen sein.
Spoken-Word-Performance „You think you know me?“: 19 Uhr, Marktplatz
Hatten Sie bei Ihrem Besuch in Bremen Kontakt zu Sexarbeiterinnen?
Nein, aber ich weiß, dass Sexarbeit hier legal ist. Dass heißt allerdings nicht, dass hier niemand mit dem Finger auf die Frauen und Männer zeigt, die dieser Arbeit nachgehen.
Ihre Performance ist auf Englisch. Können Leute ohne Englischkenntnisse auch etwas damit anfangen?
Wir haben den Text übersetzt und teilen ihn aus. Man kann aber auch ohne das Verständnis der Wörter meine Körpersprache lesen, ich nutze verschiedene Mittel während des Stücks. Hey, und für wen das immer noch nichts ist, der kann sich eine unserer handgemachten Taschen kaufen.
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