heute in bremen & umzoom: „Das Hakenkreuz war sichtbar“
Interview Benno Schirrmeister
taz: Herr Krieger, warum sollten wir uns mit den Brandanschlägen von vergangenem Jahr beschäftigen?
Jan Krieger: Es gab drei Anschläge zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten an drei unterschiedlichen Orten im Bremer Umland: In Syke, in Gnarrenburg und in Ganderkesee. Bei allen drei Taten gab es einen erkennbar rechtsextremen Hintergrund. Deshalb kann ein Zusammenhang aus unserer Sicht nicht ausgeschlossen werden.
Warum?
Das systematische Vorgehen war an den Orten jeweils gleich: alle drei Restaurants wurden von Personen betrieben, die eine Migrationsgeschichte haben. Es wurde eingebrochen, es wurden Brandbeschleuniger gefunden und an allen drei Orten Hakenkreuze hinterlassen.
Haben Sie den Eindruck, die Polizei nimmt den politischen Hintergrund bei ihren Ermittlungen ernst?
Es wird in alle Richtungen ermittelt. Allerdings wurde gleich zu Beginn der Ermittlungen betont, dass es keine organisierte rechte Struktur in den Regionen gäbe. In Syke wurde zwischenzeitlich sogar ein rechter Hintergrund ausgeschlossen.
Mit welcher Begründung das denn?
Es wurde von Seiten der Staatsanwaltschaft Verden, die für die Ermittlungen in Syke zuständig ist, behauptet, dass Rechtsextreme ein Zeichen setzen möchten, indem ihre Botschaften deutlich sichtbar sind. Dies sei in Syke aber nicht der Fall gewesen, da das Hakenkreuz sich auf der „abgewandten Seite des Hauses“ befunden haben soll.
Das hat Sie nicht überzeugt?
Nein. Das Hakenkreuz war deutlich sichtbar, vor allem für die Personen, die den dortigen Parkplatz nutzen. Die Aussagen wurden später auch wieder zurückgenommen.
… und danach ist auch wieder einschlägig ermittelt worden?
Während die Ermittlungen in Gnarrenburg und Ganderkesee weiter andauern, wurden die in Syke kürzlich abgeschlossen. Es gab einen überregionalen Informationsaustausch zwischen den ermittelnden Behörden, allerdings wird davon ausgegangen, dass die drei Brandanschläge mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in einem Zusammenhang stehen. Eine regionsübergreifende Ermittlungsgruppe gibt es nicht. Das wäre aber durchaus sinnvoll.
Gibt es dafür Gründe?
Wie bereits beschrieben wurde systematisch ähnlich vorgegangen, und es gibt in der Region sehr wohl rechte Strukturen, die auch organisiert sind. Es gibt in den Regionen Akteur*innen, die sehr gut vernetzt sind, vor allem nach Bremen: darunter Personen, die der Rechtsrock-, Hooligan-, Kampfsport- und allgemein der militanten Neonaziszene zugerechnet werden können. Die Gefährdung von Betroffenen durch solche Strukturen muss ernst genommen werden.
Was erhoffen Sie sich von der Online-Diskussion?
Wir möchten die Öffentlichkeit über den Ermittlungsstand sowie über rechte Strukturen informieren. Es wird O-Töne von Betroffenen geben und wir wollen uns mit der Frage auseinandersetzen, wie Betroffene, aber auch die Zivilgesellschaft vor Ort gestärkt werden können.
Rechter Terror? Online-Panel, veranstaltet von Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus, Betroffenenberatung, Flüchtlingsrat und Seebrücke Niedersachsen: heute, 18 Uhr, Link: www.youtube.com/watch?v=wbafpF16xIg
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