heute in Bremen: „Dann profitieren alle“
Diskussion Viele LehrerInnen empfinden Inklusion als Überforderung. Ihre Chancen sind aber groß
43, ist Erziehungswissenschaftlerin und forscht bei der Bertelsmann-Stiftung zur Inklusion.
taz: Frau Hollenbach-Biele, woran fehlt es derzeit für eine erfolgreiche Inklusion?
Nicole Hollenbach-Biele: Wichtig wäre ein gemeinsames Verständnis der Bundesländer von guter inklusiver Bildung. Das Ziel muss sein, das Förder- und das Regelschulsystem zu einem tragfähigen inklusiven System zusammenzuführen. Dafür brauchen wir gute Konzepte und die entsprechenden finanziellen Ressourcen. Wir müssen verbindliche Qualitätskriterien für inklusive Schulen entwickeln und LehrerInnen für diese Arbeit aus- und fortbilden. Dann profitieren alle.
Können Sie Lehrkräfte verstehen, die sich überfordert fühlen?
Natürlich, Lehrkräfte fühlen sich in vielen Fällen nicht ausreichend vorbereitet auf die konkrete Arbeit mit heterogenen Lerngruppen. Hier sind vor allem die Bundesländer gefragt, wenn es um die gezielte Fortbildung und Begleitung geht.
Die Linkspartei und Gewerkschaften fordern mehr neu geschaffene Stellen für SonderpädagogInnen. Stimmen Sie dem zu?
Vor allem muss es darum gehen, die vorhandenen Sonderpädagogen systematisch in die Regelschulen zu integrieren. In Schleswig-Holstein beispielsweise gelingt dies über das Konzept der Förderzentren. Darüber hinaus gehören in viele inklusive Schulen inzwischen selbstverständlich SonderpädagogInnen zum Team und zur Schulleitung. Gleichzeitig muss es aber genauso darum gehen, dass alle Lehrkräfte ihre Expertise für den Umgang mit Vielfalt im Unterricht weiter ausbauen, damit ein gemeinsamer Unterricht entsteht und nicht eine Exklusion in der Inklusion droht.
Würden Sie eine positive Zwischenbilanz ziehen?
Ja, Förderschüler sind mittlerweile besser integriert als im vergangenen Jahrzehnt, inzwischen lernen immer mehr Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen. 2002 hatte nur jeder achte Förderschüler die Chance auf die Teilnahme am gemeinsamen Unterricht, aktuell ist es bereits mehr als jeder Dritte. Das ist ein Erfolg, den wir sehen und auf dem wir aufbauen sollten.
interview pni
Podiumsdiskussion zum Thema Inklusion: 19 Uhr, in der Zionsgemeinde, Kornstraße 31.
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