piwik no script img

heute in Bremen„Ein Bewusstsein schaffen“

debatte „Wie Kunst Stadt entwickelt“ – darüber und unter dem Titel wird in der GAK diskutiert

Janneke de Vries

47, Kunsthistorikerin, ist seit 2008 Direktorin der Gesellschaft für Aktuelle Kunst (GAK).

taz: Frau de Vries, müsste man nicht erst klären, ob Kunst Stadt entwickelt, bevor man fragt, wie?

Janneke de Vries: Nein, die Veranstaltung setzt eine Diskussions-Reihe fort, in der es zu dem Zeitpunkt wichtig war, diese Behauptung zunächst einmal aufzustellen. Die Debatte damals war geprägt von den Neubau- und Umzugsfantasien des Weserburg-Museums.

Die sind aber doch vom Tisch?

Aber sonst hat sich gedanklich nicht viel bewegt.

Ist es denn der Anspruch von Kunst, Stadt zu entwickeln?

Das ist ganz sicher nicht der erste Anspruch von Kunst. Aber wir können feststellen, dass es passiert: Kunst und Orte, die Kunst zugänglich machen, prägen eine Stadt, ihr Selbstbild, ihre Außendarstellung. Und eine clevere Stadtpolitik kann diesen Effekt nutzen.

Das ist das päpstliche Modell der Entwicklung Roms durch Bernini: Das funktioniert nur, wenn richtig viel Kohle da ist…

Das weigere ich mich zu glauben. Es geht nicht ohne Geld, aber viel entscheidender ist, ein öffentliches Bewusstsein dafür zu schaffen, was die Stadt alles hat, was für spannende Museen und Institutionen da sind und dass deren Angebote sich an alle interessierten BürgerInnen richten.

Und wenn die Nachfrage sinkt, oder die erwünschte Stadtentwicklung ausbleibt wird das Angebot eingestellt: Sich in einen solchen Funktions- und Leistungszusammenhang zu stellen, ist doch eher zweideutig?

Ja, das halte auch ich für eine Falle. Eine Falle, in die viele kulturelle AkteurInnen wiederholt getappt sind. Kunst und Kultur sind keine Dienstleister. Aber sie bieten von Natur aus Dinge an, die für das Zusammenleben in einer Stadt existentiell sind. Die Diskussion um die Rolle von Kultur in der Stadt muss so geführt werden, dass sie auch den Blick darauf zulässt, wo sich Glücksversprechen als zu eindeutig und zu Lasten der einen Seite erweisen.

interview: bes

Wie Kunst Stadt entwickelt, GAK, Teerhof, 19.30 Uhr. Mit Wiebke Hamm (Handelskammer), Arie Hartog (Marcks-Haus), Bettina Steinbrügge (Kunstverein in Hamburg), Susanne Titz (Museum Abteiberg, Mönchengladbach) und Wolfgang Ullrich (Kunstwissenschaftler und Autor, Leipzig)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen