hertha - istanbul im olympiastadion: Steilvorlagen auf Türkisch
Es ist nicht zu überhören: Hertha BSC hat im eigenen Stadion ein Auswärtsspiel. Eines dieser Spiele, die man einfach nicht gewinnen kann.
"Aslan", der Löwe, ist ganz groß auf dem rot-gelben Trikot von Kenan zu sehen. Stolz zeigt er immer wieder das Wappentier von Galatasaray Istanbul auf seiner breiten Brust. Es ist 17.30 Uhr, und Kenan ist nicht allein. Im Vereinsheim von Galatasaray Berlin in der Innstraße im Stadtteil Neukölln haben sich schon seit dem späten Mittwochnachmittag rund dreißig Fußballfans versammelt. Draußen schneit es.
Drinnen ist es warm, und es gibt viel schwarzen Tee. An der mit Holz vertäfelten Wand hängen unzählige Schals von Galatasaray, und über allem thront Atatürk, der Staatsgründer der modernen Türkei. Hasan Kaplan, der Trainer von Galatasaray Berlin, sitzt an einem Tisch. Auch einige junge türkische Frauen sind gekommen. Sie haben sich rot-gelbe Schals umgehängt und in den Farben ihres Vereins geschminkt. "Sonst gehen wir ja nie zum Fußball, aber heute ist alles anders", erklärt Fatma. Sie alle machen sich gleich auf ins Olympiastadion. "Wir wollen Galatasaray im Uefa-Cup gewinnen sehen", sagt Kenan stellvertretend für die euphorische Fangruppe.
Die Anhänger aus Neukölln sind nicht allein: Rund 40.000 Türken werden an diesem Mittwochabend in das Berliner Olympiastadion strömen und Galatasaray gegen Hertha BSC unterstützen. Sie alle werden immer dann pfeifen, wenn die Hertha im Ballbesitz ist. Sie werden "Galata-Goal-Gaol-Gaol" rufen, wenn ihre Mannschaft nach vorne stürmt. Sie werden "Sari kirmizi en büjük Cimbom" schreien, was so viel heißt wie "Gelb und Rot, sei gegrüßt, Galatasaray". Und wenn immer die 20.000 Hertha-Fans versuchen, ihr "Ha-Ho-He-Hertha BSC" anzustimmen, werden sie von den Galatasaray-Fans mit einem gewaltigen "Auf Wiedersehen" oder anderem türkischen Fanliedgut locker überstimmt. Es ist nicht zu überhören: Hertha BSC hat im eigenen Stadion ein Auswärtsspiel. Eines dieser Spiele, die man einfach nicht gewinnen kann.
Der Block 14, der Gästeblock im Berliner Olympiastadion, ist an diesem Abend der "Aslan-Block". "Berlin Icin Bir futbol Söleni", so warb Hertha auf unzähligen Plakaten. "Ein Fußballfest für ganz Berlin", heißt das. Im Stadion gibt es dann entsprechend auch türkische Ansagen. Und das Warenangebot in der Westkurve, wo die Galatasaray-Fans stehen, wurde angepasst: Es gibt Döner, Sonnen- und Kürbiskerne, Tee am Bierstand und Hotdogs aus Putenfleisch.
Der Spielverlauf entspricht den Erwartungen der Mehrheit der Fans: Galatasaray bestimmt das Duell. Das Team aus Istanbul geht durch einen von Baros verwandelten Handelfmeter in der 69. Minute mit 1:0 in Führung und gibt den verdienten Sieg nicht mehr her. "Auch wegen unserer Unterstützung", sind sich die Galatasaray Berlin-Mitglieder sicher. "Jetzt drehen wir mit dem Auto noch eine Huprunde auf dem Kudamm, danach geht es zum Feiern nach Kreuzberg", sagt Kenan ganz heiser. Dann steigt er mit seinen Freunden ins Auto und fährt in eine lange Nacht. TORSTEN HASELBAUER
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