haushaltssperre: Schluck aus der Pulle
Kaum ist der Doppelhaushalt des rot-roten Senats in Kraft, ist er auch schon wieder Makulatur. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) verfügte gestern eine Beschränkung der Ausgaben. Nur noch gesetzlich vorgeschriebene und vertraglich vereinbarte Leistungen werden vom Land Berlin bezahlt; alles andere muss dem Sparkommissar Sarrazin zur Prüfung vorgelegt werden. Für die Bezirke und den betroffenen Bereichen in Kultur, Jugend, Polizei und Sozialem mag die erneute Von-der-Hand-in-den-Mund-Wirtschaft ärgerlich sein – überraschend ist sie nicht.
Kommentar von RICHARD ROTHER
Zunächst bescherte die Steuerschätzung im Mai Berlin noch düstere Finanzaussichten, als die Stadt ohnehin hat: Einnahmeausfälle in dreistelliger Millionenhöhe müssen verkraftet werden. Zudem waren die Ausgaben für Soziales zu niedrig und die Einnahmen durch Vermögensverkäufe zu hoch angesetzt. Löcher, die nun gestopft werden, indem jede Ausgabe erneut auf den Prüfstand gestellt wird – in der gebeutelten Stadt ist kein Land in Sicht.
Ärgerlich ist dabei allerdings, dass – offenbar in Erwartung der gestern verkündeten Haushaltssperre, die Beförderungen verbietet – bei der Polizei und in den Verwaltungen noch schnell hunderte Beförderungen ausgesprochen wurden. Beförderungen, die den Haushalt auf Jahre hinaus belasten. Während die Sozialämter angewiesen sind, jede nicht vorgeschriebene Leistung für Sozialhilfeempfänger dreimal zu überprüfen, genehmigen sich Berliner Beamte einen Schluck aus der Beförderungspulle. Nicht nur in Biergärten, auch in Behörden lernt man, was wichtig ist im Leben: an der Quelle sitzen.
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