fdp-spendenskandal: Eine nützliche Affäre
Wenige Vorgänge sind erfreulicher, als wenn jemand bei dubiosen Geldgeschäften erwischt wird, dem die Öffentlichkeit schon immer alles Mögliche zugetraut hat. Allerdings gibt es Situationen, in denen gerade diese allgemeine Gefühlslage manchen Leuten durchaus zupass kommt. Das gilt umso mehr, je unangenehmer diesen Leuten bestimmte andere Themen sind. Konkret: Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle möchte derzeit vermutlich lieber Fragen nach Finanzpraktiken seiner Parteifreunde beantworten als nach seiner eigenen inhaltlichen Standfestigkeit.
Kommentar von BETTINA GAUS
Im Jahre 2000 war er der Generalsekretär seiner Partei, nicht jedoch deren Vorsitzender. Somit war er damals für politische Versäumnisse oder rechtliches Fehlverhalten zwar durchaus mit zuständig, aber eben nicht an vorderster Front verantwortlich. Der FDP-Vorsitzende hieß seinerzeit Wolfgang Gerhardt. Es handelt sich um jenen Mann, der im vergangenen Jahr von Westerwelle entmachtet worden war, in jüngster Zeit jedoch im Zuge der so genannten Möllemann-Affäre neues Profil gewonnen hat.
Das Publikum erfährt nun also, dass der FDP in Nordrhein- Westfalen für ihren (überraschend erfolgreichen) Landtagswahlkampf im Jahr 2000 bis zu eine Million Mark aus unklaren Quellen zugeflossen sein sollen. Soll heißen: auf vermutlich illegale Weise. Schatzmeister Günter Rexrodt meint, diese Vorgänge berührten die Seele der Partei. Schön, dass wir jetzt immerhin wissen, wo führende Liberale ihre Seele verorten. Lässt man diese Sentimentalität weg, dann bleibt übrig: Auf dem Höhepunkt der CDU-Finanzaffäre scheint ausgerechnet die FDP, die in dieser Hinsicht stets auf einem besonders hohen Ross gesessen hat, in dunkle Geschäfte verwickelt gewesen zu sein. Darüber hinaus sieht es jetzt so aus, als ob alle irgendwie schon lange Dreck am Stecken hatten, ganz besonders natürlich Jürgen Möllemann.
Wie bequem für Guido Westerwelle. Wer wollte angesichts dieser Abgründe noch danach fragen, welche Absprachen es zwischen ihm und Möllemann für den Bundestagswahlkampf gegeben hat? Besonders im Blick auf den rechten Rand der Gesellschaft? Ganz unwichtig scheint derlei plötzlich zu sein, wo es doch plötzlich um so viel Geld geht. Was aber könnte dem bedrängten Westerwelle vergleichbar gelegen kommen? Manchmal sind die Motive, die hinter erstaunlichem Eifer bei der Aufklärung einer Affäre stecken, ziemlich leicht durchschaubar.
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