piwik no script img

ejectJENNI ZYLKA über medial-subliminale Insektenvertilgungsmittel

Trick 17 mit Selbstüberlistung

In Wien ist ja alles anders. Abitur heißt Matura, Twix heißt Raider, Frey heißt Haider, und Mücken heißen Gelsen.

Aber weil Gelsen die WienerInnen genauso gern pieken, wie Mücken beispielsweise die BerlinerInnen, sendet der Wiener Radiosender „Energy 104,2“ ab Montag einen „Anti-Gelsen-Ton“ als subliminale Botschaft unter sein normales Programm, der die Insekten vom Stechen abhalten soll.

Auf der für den Menschen unhörbaren hohen Frequenz von 12,3 Kilohertz sagt eine schwalbenähnliche Stimme (im Wiener Schmäh) Dinge wie: „Mein Stachel ist gaaanz, gaanz schwer. Von Blut wird mir schlecht. Buäh. Am liebsten hätte ich jetzt eine ordentliche Portion Blütenstaub. Oder einen Rüssel voll Regenwasser.“ Diese Botschaften werden allein von den stechfreudigen weiblichen Gelsen wahrgenommen, männliche Gelsen hören nur, was sie hören wollen. Menschen, andere Stacheltiere oder Vampire sind nicht gefährdet.

Der Anti-Gelsen-Ton kommt so gut an, dass sich ausländische HörerInnen sogar in Wien Kassetten aufnehmen lassen, die sie dann in ihren Heimatländern zur Gelsenabwehr einsetzen. Besonders viele Kassetten wurden laut Programmdirektion in diesem Jahr nach Gelsenkirchen (im Ruhrpott) exportiert.

Aber die Idee ist nicht neu. Schon vor einigen Jahren wurde, wie die taz jetzt aufdeckte, zum Beispiel erfolgreich ein so genannter Anti-Mammut-Ton in der Gegend um das Neandertal eingesetzt. Auf einer extrem tiefen Frequenz wurden mit ungefähr 250 Dezibel subliminale Botschaften wie „Ich habe keinen Hunger. Ich bin sowieso viel zu dick“ ausgesandt, die schon nach wenigen Jahrtausenden zum Tod der Tiere führten. Auch in Deutschland kennt man den österreichischen Trick 17: Mit einem Anti-Koalabär-Ton („Ich habe Migräne. Ich will heute nicht, Schatz“) hat man die Verbreitung der Eukalyptusbonbon-Fresser hier bereits stark reduziert. Die speziellen Soundsysteme funktionierten schon gegen die früher weit verbreiteten gelben Telefonzellen („Schlag! Mich! Ein!“), gegen den Autotyp Ro 80 („Mein Motor ist sehr wankelmütig“) und gegen Popper ( „Ich werde jetzt diesen Punker da vorne mordsmäßig provozieren“). Auf dem Gebiet der Antifa-Ton-Herstellung war man bisher leider noch nicht erfolgreich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen