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ejectHeim zur Gänseliesel

Demnächst sitzt er also wieder im Zimmer 0.115 der Georg-August-Universität zu Göttingen: Kultur- und Medienstaatsminister Julian Nida-Rümelin mag nicht mehr. Ihn zieht es zurück zum Gänseliesel, in die Welt der freien Lehre und Forschung. Von den Sachzwängen im Kabinett hat er genug.

Wenn man sich die Spaltenkilometer zu Gemüte führt, die sich zu seinem Abschied in der Presse sacht entrollen, fällt zumindest eins auf: Vom Philosophen und Ästheten ist da viel die Rede, von den Medien.kaum.

Das liegt nun einerseits daran, dass die Bundesregierung offiziell in medialen Angelegenheiten nicht allzu viel zu sagen hat, fallen sie doch unter die Kulturhoheit der Länder.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Wie schon sein ähnlich kurzlebiger Amtsvorgänger Michael Naumann blieben die Medien für Nida-Rümelin stets Nebensache. Der Mann, der in seinem Hauptleben als Wissenschaftler gern über eine „systematische Theorie praktischer Rationalität unter Einbeziehung entscheidungstheoretischer Forschungsergebnisse“ (so der Titel eines seiner Forschungsprojekte) nachdachte, kam jedenfalls mit der praktischen Rationalität hiesiger Medienpolitik überhaupt nicht zurecht.

Falls Nida-Rümelin dann doch einmal über das Hauptmedium Fernsehen sprach – wie jüngst bei der TV- und Filmproduzentenkonferenz „Babelsberg 2002“, klang das ungefähr so: „Wir haben in Deutschland zwar nicht immer gutes Programm im Free-TV. Aber das beste der Welt. Das ist kein Widerspruch.“ Ein Kulturstaatsminister sitzt eben im Theater – und nicht vor der Glotze.

Allein, es hätte durchaus Bedarf an – gerne auch theoretisch gestützten – Entscheidungen gegeben: Kirch-Pleite und Presse-Krise, ein Kabel-Verkaufsdebakel, bei dem das Bundeskartellamt hinterher retten sollte, was die Politik vergeigt hatte – noch nie war die Abwesenheit von Medienkompetenz in der Politik so deutlich wie jetzt.

Die Medien- und Kommunikationsindustrie, angeblich unerschöpflicher Wachstumsmotor für das 21. Jahrhundert, schlittert derweil von der Konjunktur- in die Strukturkrise.

Der Rest ist Ländersache und funktioniert nach altbewährtem Muster: Medienpolitik als Standortwettbewerb. Welche Chance für einen Medienstaatsminister, der es begreift, als Schneewittchen vom Tellerchen der sechzehn Zwerge zu essen.

Und einmal, ein einziges Mal, war Nida-Rümelin ja auch ziemlich dicht dran: In einer Bundestagsrede im April anlässlich der Kirch-Krise forderte er nicht nur „eine grundlegende Überprüfung der deutschen Medienordnung“. Der Staatsminister hatte Mitte April auch erkannt, dass die mal zentralen, mal föderalen Zuständigkeiten im Bereich der Medienaufsicht alles andere als präzise sind. Doch selbst praktisch-rationale Erkenntnis allein hilft hier nicht weiter.

Und konkret an diese „unübersichtlichen“ Strukturen herangehen, einen handfesten Konflikt mit den Machtverlust fürchtenden MinisterpräsidentInnen der Länder und den eigenen betroffenen Ministerien auf Bundesebene anzetteln – das mochte Nida-Rümelin nun auch nicht.

Einmal muss er sich jetzt doch noch mit dem Fernsehen einlassen: Am Samstag, als Laudator bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises (siehe unten). STEFFEN GRIMBERG

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