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eine kolumne über das kolumnieren von MICHAEL RINGEL

Warten. Wie jeden Tag. Wie immer fehlt die Kolumne.

Das Telefon klingelt. 13 Uhr. „PC!“, zeigt das Display an. Mit Ausrufezeichen. „Es ist 13 Uhr. Es ist Redaktionsschluss“, dottert die fröhliche Stimme des Produktions-Controllers. Das wisse man und würde auch liebend gern pünktlich fertig werden, aber der Kolumnist habe technische Schwierigkeiten, erfährt der PC, der genau weiß, dass er belogen wird. Die Lieblingsausrede des Kolumnisten: technische Schwierigkeiten. Warten.

Jedesmal dasselbe. Aber es hilft nichts. Hätte man den Kolumnisten gestern angerufen, hätte man nur eins gehört: Die Kolumne sei schon fertig, fast jedenfalls, das Thema habe sich ja angeboten und überhaupt müsse er nur noch einmal drüberlesen, dann könne es verschickt werden, ganz sicher erhalte man es heute Nacht, und am Morgen sei dann eine frühzeitige Produktion gesichert. Am Morgen nichts. Wie immer. Warten.

Das Telefon klingelt. 14 Uhr. „PC!“, zeigt das Display an. Mit Ausrufezeichen. „Eine Stunde über die Zeit“, meldet die jetzt schon sehr viel weniger freundliche Stimme des Produktions-Controllers. Man sei gleich so weit, einen Hinweis auf die Verspätung brauche man kaum, nöckelt man in die Muschel. Warten.

Der Magen knurrt. Ihn anzurufen nützt nichts. Der Kolumnist hat den Anrufbeantworter eingeschaltet. Darauf jede Wette. Kurzer Versuch. Tatsächlich. Wenigstens bleibt der Triumph. Wenn schon kein Mittagessen. Warten.

Das Telefon klingelt. 15 Uhr. „PC!“, zeigt das Display. Einfach ignorieren. Sich tot stellen. Man ist nicht am Platz. Oder doch abheben und den PC bestechen? Im Kühlschrank ist noch eine Flasche Sekt. Warten.

Man sollte den Nachwuchskolumnisten nicht diese hochtrabenden Einführungen halten: Kolumnist zu sein, sei eine Ehre; der Kolumnist dürfe schreiben, was er wolle; der Kolumnist müsse nur aus subjektiver Sicht ein Ereignis darstellen und ins Symptomatische für eine gesellschaftliche Gruppe überführen – was ein Dreck. Lieber in Zukunft von Anfang an auf Pünktlichkeit und Sorgfalt bestehen, das ist wichtiger. Warten.

Das Telefon klingelt. 15.30 Uhr. „CvD“, zeigt das Display. Ohne Ausrufezeichen. „Die Kolumne fehlt“, weiß der Chef vom Dienst. Man sei gleich soweit, die Kolumne werde bereits bearbeitet, betrügt man den CvD. Der Magen knurrt schon sehr. Dieser verfluchte Kolumnist. Immer dieselbe Masche. Er liefert doch nur so spät, damit kein Wort geändert wird. Er kennt den Druck, so kommt alles ins Blatt. Warten.

Das Telefon klingelt. 16.00 Uhr. „CvD“, zeigt das Display an. Ohne Ausrufezeichen. „In fünf Minuten geht die Seite mit ‚Raum für Notizen‘ in die Produktion“, weht es eisig aus dem Hörer. Die Kolumne liege in den letzten Zügen, sei quasi schon halb in der Korrektur, schämt man sich jetzt schon gar nicht mehr zu bluffen. Aber warten hilft nicht. Wer ist eigentlich heute mit der Kolumne dran? Ähm, doch nicht . . .? Doch! Ich! Schnell den letzten Satz geschrieben, und ab damit in die Korrektur und ins Layout.

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