piwik no script img

editorialIm Zeichen des Terrors

Das wird eine herausfordernde Buchmesse werden. Jetzt ist mehr als Resilienz gefordert

Angesichts des Massakers an Israelis am 7. Oktober stockt einem der Atem, die Trauer ist übermächtig, die Worte, sie drohen auszugehen, spürbar. Denen, die hassen, gehen sie nicht aus. Sie feiern. Diese Literataz ist unter den Eindrücken der Ereignisse des erneuten Terrors gegen Jü­din­nen:­Ju­den entstanden. Dem wollten wir einen Ausdruck geben (S. 3).

Grassierender Antisemitimus, der Ukraine­krieg und ein neuer Krieg – es braucht mehr als Resilienz, um dem allem standzuhalten. Wie aufgewühlt die Gemüter, wie feindselig die Diskurse und apokalyptisch das Denken schon vor dem 7. Oktober waren, wissen wir. Die Sachbücher, die wir für diese Literataz ausgewählt haben, bearbeiten zentrale Streitpunkte auf eine gelungene, nicht unnötig polarisierende Weise: Freiheit, Sexualität, Totalitarismus, Dissidenz, um nur einige Themen zu nennen. Das Buch „Triggerpunkte“ (S. 13) liefert dabei einige überraschende Ergebnisse, was das angebliche Gespaltensein unserer Gesellschaft angeht.

Das alles wird die Gespräche auf der Frankfurter Buchmesse mitbestimmen. Es wird, so viel ist klar, keine leichte, keine vollkommen fröhliche Messe werden. Dabei wird die Buchmesse auch auf die aktuellen Ereignisse reagieren. Die Messe stehe „mit voller Solidarität an der Seite Israels“, hat der Direktor der Messe, Juer­gen Boos, gesagt und angekündigt: Die Buchmesse wolle daher „jüdische und israelische Stimmen auf der Buchmesse nun besonders sichtbar machen“. Es wird Veranstaltungen zu Israel geben, so wie es selbstverständlich auch Veranstaltungen zur Ukraine und zum Stand der Demokratie in Deutschland geben wird, die taz wird berichten.

Auch sonst wird die Messe im Zeichen einiger Herausforderungen stehen. Viele deutschsprachige Verlage, insbesondere die kleineren, haben derzeit zu kämpfen. Die Papierpreise, die weiter voranschreitende Konzentration auf wenige zugkräftige Titel, während die mittleren Auflagen sinken, das beschleunigte Remittieren unverkaufter Exemplare seitens des Buchhandels, das alles macht der Branche zu schaffen.

Wobei eine inhaltliche Krise des Literarischen nicht auszumachen ist. Nicht nur die Sachbuchszene, auch die literarische Szene ist ungeheuer lebendig. Das zeigen aktuelle Debüts, etwa von Dana Vowinckel (S. 4), aber auch große Romane von eingeführten Autoren wie Navid Kermani (S. 6). Im diesjährigen Gastland der Buchmesse, dem kleinen Slowenien, ist eine große, quirlige Lesegesellschaft zu entdecken (S. 9).

Tania Martini, Dirk Knipphals

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen