dieser verdammte krieg (vii):
ROGER WILLEMSEN führt heute das Kriegstagebuch der taz
Sonst hätte der Terror gewonnen
Sicher, wir sind im Krieg. Auf der Buchmesse war ich trotzdem, denn sonst hätten die Terroristen gewonnen. Privat bin ich natürlich schon betroffen, „Wetten dass“ habe ich trotzdem gesehen, denn sonst hätten die Terroristen gewonnen. Was will die Unterhaltung schon mehr, als ein bisschen Entspannung in diese dunkle Zeit bringen – wenn auch natürlich ohne die Gewalt, an der man Unterhaltung sonst erkennt. Aber man muss doch lachen, sonst hätten die Terroristen gewonnen.
Jawohl. Das Lachen des Deutschen ist eine Dienstleistung an der Humanität. Zwar ist nichts mehr wie zuvor, damit aber dennoch alles so weitergehen kann, haben wir dieses neue Mantra der Korrektheit. Nur bei der dringend erforderlichen Kritik an den USA funktioniert es nicht. Denn wenn solche Kritik jetzt erlaubt wäre, dann hätten die Terroristen gewonnen. Wir sind eben im Krieg, es ist wichtig, „Krieg“ zu sagen, damit wir Entbehrungen besser annehmen. Wir entbehren jetzt ein paar Grundrechte, das muss im Dienste der inneren Sicherheit sein. Wir entbehren Bilder, Zeugen oder Angaben über die Opfer. Das muss sein: Die Wahrheit wäre uns weniger zumutbar als den Afghanen der Krieg.
Im Krieg ist auch die freie Welt unfrei, und auch wenn es unser aller Leben ist, das hier gestaltet und gefährdet wird, bestehen wir doch nicht darauf, dass dieser Krieg mit der Genauigkeit abgebildet wird, die wir für Heiner Lauterbachs Hochzeit aufwenden. Und wenn wir uns an der nicht mehr freuen könnten, dann hätten die Terroristen gewonnen. Meine Meinung.
MORGEN: Wiglaf Droste
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