die wahrheit: Schwabinger Krawall
Gepuderte Nasenspitzenexperten
Der Jackie hat gemeint, er sei gar nicht so scharf auf Koks. Beim letzten Mal hat er die Violetta kennengelernt und ihr sechs Stunden lang einen solchen Mist erzählt, dass es ihm heute noch peinlich ist. Aber der Hubsi hat gesagt, er habe die vier Gramm vom Ferrari-Schorsch geschenkt gekriegt, und wenns nichts kostet, ist der Jackie immer dabei. Erst hat er niesen müssen, dann ist ihm aufgefallen, wie super es ihm geht und was das für ein Megazeug ist. Das hätte er gern dem Hubsi gesagt, was aber nicht richtig ging, weil der Hubsi ihm ununterbrochen erzählt hat, wie super es ihm geht und was das für ein Megazeug ist.
So haben sie sich am Küchentisch eine Line nach der anderen reingehauen und gegenseitig erzählt, was das für ein Megazeug ist und wie super es ihnen geht. Dann ist dem Hubsi eingefallen, was der Renato für ein feiner Kerl ist, und es wäre doch megasuper, den Renato einzuladen, weil er so ein feiner Kerl ist. Der Jackie hat das Päckchen angeschaut und festgestellt, dass fast die Hälfte weg war. Das sei kein Problem, hat der Hubsi gesagt, man müsse es eben strecken, das mache jeder, und sie müssten ja nicht Waschpulver oder "Abflussfrei" reinhauen, wie das der Ferrari-Schorsch beim Wecker und Wepper immer gemacht habe. Mehl zum Beispiel sei ein gesundes Lebensmittel, das könne man ruhig mal mit der Nase konsumieren.
Weil der Hubsi so hektisch war, ist ihm ein ziemlicher Klumpen rausgeplumpst, aber er hat gesagt, Mehl sei eine kompakte Substanz mit wenig Volumen, was der Jackie nicht kapiert hat, es war ihm aber egal, nachdem er inzwischen gegen den trockenen Mund drei Weißbier getrunken gehabt hat. Der Renato hat skeptisch geschaut, weil er lange niemanden mehr gesehen hat, der mit 16 oder 17 Gramm Koks in einem einzigen Riesenpack daherkommt. Aber mitgetan hat er doch und dem Jackie und dem Hubsi erzählt, dass es ihm saugut geht und sie recht patente Typen sind. Wie er so geredet hat, ist dem Jackie, der wegen den vier Caipi nicht mehr gescheit reden hat können, aufgefallen, dass dem Renato zwei ziemlich lange und dicke Nudeln aus der Nase herauswachsen. Da wollte er lieber nichts sagen, aber es hat so lustig ausgeschaut, dass er laut losgeprustet hat, und der Hubsi hat mitgelacht, und dann hat der Renato auch gelacht wie ein Irrer, und da hat der Jackie im Spiegel hinter der Bar gesehen, dass dem Hubsi und ihm auch ziemlich lange und dicke Nudeln aus den Nasenlöchern herauswachsen. Da hat der Renato die Sache mitgekriegt und gesagt, dass der Jackie und der Hubsi Lokalverbot auf Lebenszeit haben, oder mindestens bis nächsten Sonntag.
Die Leute haben recht blöd geschaut, wie der Jackie und der Hubsi zwei Stunden lang am Wedekindplatz gesessen sind und weißes Bappzeug in der Gegend herumgeschneuzt haben, und der Jackie ist vor lauter Schneuzen rückwärts von der Bank gekippt und in den Brunnen gefallen und erst am nächsten Vormittag daheim wieder aufgewacht. Wie er dann beim Zähneputzen eine Art rohe Semmel ins Waschbecken gespuckt hat, hat er sich gedacht, dass man auch den letzten Scheiß einmal im Leben gemacht haben muss, weil man sonst ja gar nicht wüsste, dass es der letzte Scheiß ist.
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