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die wahrheitWo das Geld zu Hause ist

Geld und Markt seien, sagen die Theologen des Geldes und des Marktes, so scheu wie Rehe. Wittern sie die Gefahr sinkender oder die Aussicht steigender Profite, hauen sie ab...

Geld und Markt seien, sagen die Theologen des Geldes und des Marktes, so scheu wie Rehe. Wittern sie die Gefahr sinkender oder die Aussicht steigender Profite, hauen sie ab. Da fragt sich der normale Kontobesitzer nur: Wohin fliehen Geld und Markt? Einer Sentenz zufolge gehen "wir" immer nach Hause. Aber wo sind Markt und Geld zu Hause? Geld kann man in den Tresor legen oder auf die Bank bringen. Aber wo ist der Markt zu Hause? Nach einer amerikanischen Redensart kann eine solche Frage nur ein nobody home stellen - ein Verrückter.

Womit wir bei der zentralen amerikanischen Institution wären - beim home, das heißt bei der Heimstätte mit Garten, Swimmingpool, Garage und obligatem Grillplatz. Dieses home ist Kontinente weit entfernt von dem, was der englische Jurist Sir Edward Coke (1522-1634) mit "my home is my castle" meinte. Dieser Satz interpretiert die alte Rechtsnorm, wonach es jedem Hausherrn erlaubt sei, sich gegen Diebe, Räuber und andere Angreifer mit Waffengewalt zur Wehr zu setzen. Der ursprüngliche Sinn hat sich heute in Europa zivilisiert. Die Redensart steht für den Schutz der Privatsphäre. Es geht niemanden etwas an, was man in seinen eigenen vier Wänden tut.

Der Durchschnittsamerikaner ist zwar auch heute noch oft bewaffnet, aber was er um sein home herum tut, steht ihm ganz und gar nicht frei - mal abgesehen von der Freiheit, auf alles zu schießen, was sich in seinem Vorgarten bewegt. Wer in den USA ein home mit allem drum und dran kauft, heiratet in eine Community ein - in eine Großfamilie von home-Besitzern.

Hauseigentümerverbände und Eigentümergemeinschaften bilden eine schlagkräftige Schattenregierung, die peinlich darauf achtet, dass ihr Viertel oder ihre Siedlung sauber und anständig bleibt. Diese Verbände und Gemeinschaften üben in weiten Teilen der USA eine Macht aus, die in traditionellen Gesellschaften die Stammesältesten, Häuptlinge und Medizinmänner besaßen - allerdings weniger über das, was im home, dafür um so rigider darüber, was ums home herum zulässig ist und was nicht. Null Toleranz heißt die Devise.

Die neueste Offensive der Hauseigentümerverbände und Eigentümergemeinschaften gilt den Wäscheleinen. Denn das ordentliche home verfügt über einen Wäschetrockner, auch wenn Al Gore und andere Klimabeauftragte das Gegenteil empfehlen. Bei Unterhosen, Leintüchern, Hemden und Socken, die im Wind flattern, sehen die Ordnungswahrer dunkelrot.

Nicht etwa aus ästhetischen oder hygienischen Gründen und auch nicht aus sexualerzieherischer Prüderie, also der Frage, was aus Mädchen und Buben werden soll, die schon im Kindesalter durch wehende Männerunterhosen beziehungsweise Büstenhalter verdorben würden. Zum ordentlichen home gehört der elektrische Wäschetrockner - basta! Wer seine Wäsche einfach in den Wind hängt, kann sich dieses Accessoire nicht leisten, ist also arm oder asozial. Arme und Asoziale sind aber nicht nur gefährlich, sondern sie senken auch die Grundstück- oder Hauspreise. Womit wir wieder bei Markt und Geld wären - und beim nobody-home-Hausbesitzer und seinen nobody-home-Verbandsmeiern.

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