die wahrheit: Herpes ist die Menstruation des Mundes

Diese Kolumne ist eine schonungslose Beichte. So gnadenlos brutal, dass zartbesaitete Leser besser das Blatt aus der Hand legen sollten...

Diese Kolumne ist eine schonungslose Beichte. So gnadenlos brutal, dass zartbesaitete Leser besser das Blatt aus der Hand legen sollten, denn gleich werden die Worte Herpes, Menstruation und Prominente auftauchen, was schwere Ekelbläschen verursachen kann.

Ich bekenne hiermit: Ich habe Herpes. Pünktlich zwischen Volkstrauertag und Totensonntag, wenn es draußen dunkel und diesig wird, zieht der Herpes an meinen November-Lippen auf. Und ich kann nichts dagegen tun. "Du kannst nichts dagegen tun", versicherte mir einmal eine Freundin, "das ist die Menstruation des Mundes." - "Au fein", antwortete ich, "darf ich dann mit in die Menstruationshütte und den Mond anheulen?"

Ich bin dieser Plage wehrlos ausgeliefert. Ich fühle mich schwach, entkräftet, mut- und hilflos. Am liebsten würde ich mich in eine Höhle zurückziehen und mein Leben aushauchen. Keine Salbe, kein Hausmittelchen, nichts hilft gegen die Höllenbläschen, von denen die Mediziner allenfalls wissen, dass sie nichts dagegen tun können.

"Sieht man es schon sehr?", frage ich verunsichert eine Person meines Vertrauens, die dann mit kaum verstecktem Spott erwidert: "Das sieht man überhaupt nicht. Na ja, fast gar nicht, nur wenn man genauer hinguckt, aber diesmal ist es schon ein ziemlich großes Ding."

Aber das macht einen erfahrenen Herpes-Krieger wie mich nur härter. Denn eigentlich will ich mein Dasein gar nicht beenden wegen solch lächerlicher Bläschen. Die auch ihr Gutes haben. Verdanke ich Freund Herpes doch eine Menge in meinem Leben. Irgendwann saß ich mit einem Riesenflatschen bei einem Bewerbungsgespräch, und der Personalchef starrte die ganze Zeit nur auf meine wehe Lippe. Was in mir einen solch göttlichen Zorn weckte, dass der geblendete und verunsicherte Mann gar nicht mehr anders konnte, als mich einzustellen.

Ja, Herpes macht stark, besonders wenn er abklingt und mich ein Jahr lang in Sicherheit wiegt, dass ich ihn fast vergessen habe. Bis dann ein halbwegs Prominenter wie Foffi von Hohenzollern halbnackt an mir vorbeischwimmt. Ich muss den Restposten aus dem Nachlass der Busenmacherwitwe Tatjana Gsell nur sehen, und schon klopft der Herpes wieder an meine Tür.

Ich bin nämlich Mitglied in einem Fitness-Club, in dem auch die ach so Reichen und Schönen Berlins verkehren. Dort begegnet man im wahrsten Sinne des Wortes am laufenden Band Schauspielern und Models, Politikern und ähnlichen Weltberühmtheiten. Ich könnte sicher einiges über den Unterschied zwischen Fernsehfigur und wahrer Gestalt manch öffentlicher Person erzählen. Aber darüber ziehen wir hier lieber die Jogginghose des Schweigens. Als Ausnahme nur so viel: das sogenannte Super-Model Eva Padberg sieht privat aus wie eine langweilige Bohnenstange.

Ich muss das wissen. Auf einem meiner Herpes-Höhepunkte trainierte sie direkt mir gegenüber. Trotzdem würdigte sie mich keines Blickes. Da wurde mir schlagartig klar: Ich habe es geschafft. Nicht mal mit meinem leuchtenden Lippenkameraden werde ich von Eva Padberg beachtet. Danke, Herpes, dass du mir diesen letzten Sieg über mich selbst ermöglicht hast.

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kari

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