die wahrheit: Sorge um die Prosperität der Gesellschaft
Ja, die lieben Menschen! "Wir sind jetzt Uschi und Heinz", beschriften die einen ihren Lastwagen, "Ich enthalte Sulfite", behauptet ein anderer...
Ja, die lieben Menschen! "Wir sind jetzt Uschi und Heinz", beschriften die einen ihren Lastwagen, "Ich enthalte Sulfite", behauptet ein anderer. Eine mir traditionell nahestehende Gruppierung wiederum vertritt die Ansicht: "Glück ist, wenn man mühelos eine große Menge Wasser lässt."
Jedoch: Kann man das alles glauben? Kann man es in seiner Vielfalt und Widersprüchlichkeit überhaupt erfassen oder auch nur ertragen? Und dann zu allem Überfluss diese im Sinne eines chinesischen Fluches interessanten Zeitläufte! Wie hätte man sich früher, also zu unserer Zeit, gewundert, wenn man beispielsweise jemanden hätte sagen hören: "Ein Job in einer künstlichen Welt ist gar nicht so ungewöhnlich, andere haben Arbeit im 19. Jahrhundert!" Heutzutage, da man auf neue, interdimensionale Wege der Arbeitsbeschaffung sinnen muss, gilt dergleichen als "normal".
Wir alten Soziologen haben noch gelernt: "Sobald es einer Gesellschaft wirtschaftlich besser geht, werden die Röcke der Frauen kürzer, und die Leute spielen massenhaft Ukulele." Was Wunder also, dass ich zu Zeiten allgemeinen Wohlstands eine Ukulelenfabrik erwarb oder eröffnete - genau weiß ich es nicht mehr, es ist schon so lange her.
Die Angestellten waren jung und schön und sahen mich mit fragenden Augen an. "Seht mich nicht so an", sagte ich zu ihnen, "baut lieber Ukulelen." Das taten sie bis vor ein paar Jahren auch, bis wir schließlich nicht mehr wussten, wohin mit den Dingern, die längst schon niemand außer ein paar Verrückten mehr haben wollte. Heute sind die Angestellten alt und hässlich, aber mehr denn je sehen sie mich mit fragenden Augen an. Ich weiß ihnen nichts zu antworten.
Seit dem Aufwachen höre ich einen lustigen Folksong. Als ich zu mir kam, sah ich als Erstes einen Mann mit Strohhut, unecht wirkendem langem Bart, schwarzer Augenumrandung und Schweinsnase. Dieser Mann - ich sehe ihn auch jetzt - spielt ein Banjo, keine Ukulele. Er hält das Instrument beim Spielen auffallend weit von sich fort, vielleicht muss das so sein. Einen lustigen Folksong höre ich da, und das bedeutet, dass der Mann etwas Lustiges singt, nämlich das, was ich im Schlaf an den Kleiderschrank geschrieben habe: "Wir sind jetzt Uschi und Heinz", "Ich enthalte Sulfite", "Glück ist, wenn man mühelos eine große Menge Wasser lässt." Jetzt fügt er sogar noch hinzu: "Halleluja, Rosemarie", und wiederholt es zweihundertmal. Das ist ganz schön erheiternd. Es hilft mir, die Kompliziertheit des Lebens in der Welt von heute für einen Moment zu vergessen. Nur schade, dass der Vater noch schläft und die ganze Zeit über laut schnarcht, dass man die Brille fressen möchte. So rankt sich die tonal changierende Komposition um das von den Atemzügen des Schläfers vorgegebene Metrum.
Doch was denke ich da! Wie privat das ist! Kann sich unsere Gesellschaft so etwas überhaupt leisten? Wie ist es in Wirklichkeit um ihren Wohlstand bestellt? Ist die Pro-Kopf-Verschuldung schon so hoch, dass die Frauen eigentlich meterlange Schleppen tragen müssten? Ist die Ukulele nie erfunden worden? Fährt die Gesellschaft zur Hölle? Ich habe Uschi und Heinz gefragt, sie wissen es nicht.
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