die wahrheit: Kugeln der Liebe
Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Familienferien mit einer Pestbeule.
Mon cher journal intime …
Liebes Tagebuch, ich kann Dir gar nicht sagen, wie glücklich ich bin. Wir haben so schöne Tage hier am Meer. Endlich Ruhe. Endlich kein Trubel. Nur Nici, unsere beiden Jungs und ich. Maman, ihr Freund Bruno, meine marode Schwester mit ihrem unfähigen Ehemann und den ungehobelten Gören. Für morgen hat sich mein Cousin Philippe mit seiner Bagage angekündigt, aber seine Kinder sind alle drei taubstumm, das ist nicht so wild.
Ich habe mir eine Pressesperre auferlegt und schaue in keine Zeitung und kein Magazin. Es ist der einzige Weg, für ein paar Tage wirklich abzuschalten. Trotzdem frage ich mich, ob es so klug war, mit der Ferragamo-Sonnenbrille ins Wasser zu gehen oder ob nicht ein Modell von DKNY oder Carrera passender gewesen wäre, um meine Weltläufigkeit zu verdeutlichen.
Heute ist etwas ganz Unheimliches passiert: Ich lag auf den Felsen am Meer, als plötzlich Eric-Clapton-Töne erklangen. Es war kein zusammenhängendes Lied. Nur Versatzstücke. Ganz eindeutig aber Clapton. Seine Gitarre ist unverkennbar. Nicht umsonst habe ich ihn wegen dieses Gejaules verlassen. Ich habe mich so erschrocken! Ich dachte, er sei in Nordkorea. Nun aber habe ich das Gefühl, er hockt irgendwo zwischen den Felsen und jault auf seiner Gitarre herum. Ich habe sofort die Sicherheit kommen lassen, die mussten jeden Felsspalt ausleuchten. Da war aber nichts.
Ich habe nun wirklich etwas Angst. Zumal ja erst der Flieger über unserm Haus kreiste. Irgend so ein armer Fluganfänger, der nichts von der Sperrung des Flugraumes wusste. Natürlich war mein erster Gedanke: "Eric!" Das würde zu ihm passen, hier über meinem Kopf seine Runden zu drehen und dabei einen Hit zu schreiben. War aber nicht Eric. War ein armer Irrer, der Glück gehabt hat: Nici wollte ihn sofort abschießen lassen, konnte aber die Nummer vom Verteidigungsminister nicht finden.
Sonntag, 3. 8., abends
Jetzt ist Jean, die Pestbeule, doch hier aufgekreuzt (Sarkozys Sohn aus erster Ehe, Anm. d. Red.). Ich hatte gehofft, er würde mich wenigstens in den Ferien mit seiner Präsenz verschonen. Zumindest hat er seine Kleine mitgebracht. Hab schon wieder vergessen, wie sie heißt, das ist wohl was Freudsches, dass ich mir das nicht merken will. Auf jeden Fall ist er weniger anzüglich, wenn sie dabei ist. Aber es reicht schon, dass er den ganzen Tag in dieser hautengen Badehose von Aussiebum rumläuft, an der sich absolut jede Ader abzeichnet. Wenn die Beiden nicht gerade den Kühlschrank leer fressen, vögeln sie. Na, mir solls recht sein. So lässt er mich wenigstens in Ruhe.
Montag, 4. 8. 2008
Manchmal wundere ich mich doch sehr über Nici. Ich meine, er ist doch immerhin Franzose. Aber wahrscheinlich ist er wohl vor allem ein Mann. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass er es fertig bringt, zu seinen Sportschuhen weiße, fast knielange Socken zu tragen. Zumal vor der Tür die Pressemeute lauert und genau auf so einen dämlichen Auftritt wartet. Wenn ich ihn darauf anspreche, sagt er nur: "Wieso? Die sind doch noch gut!"
Montag, 4. 8., nachmittags
Die Stimmung ist schlecht. Es hat einen Riesenknall zwischen Nici, Jean und meiner Mutter gegeben. Nici hat Jean asoziales Verhalten vorgeworfen, weil er den ganzen Tag im Bett liegt und sich nicht an Familienaktivitäten beteiligt. Worauf Jean sagte, er sei noch nicht in dem Alter, wo man sich mit Boule-Kugeln die Zeit vertreiben müsse. Er habe es lieber, wenn mit seinen Kugeln gespielt würde. Da ist Nici total aus der Haut gefahren und hat ihn einen sexsüchtigen Nichtsnutz genannt, der die Werte der Zivilisation mit Füßen trete. Als Hausherrin wollte Maman schlichten: "Seien Sie doch ein wenig nachsichtig mit der Jugend", hat sie gesagt. "Wir waren doch alle so." Worauf Nici sagte: "Sie, Madame, vielleicht, ich nicht!", und davonstapfte. Jetzt sind alle sauer. Und ich muss mir wieder anhören, was für einen trotzigen Kleingeist ich doch geheiratet habe.
Mittwoch, 6. 8. 2008
Morgen schon muss Nici wieder los. Nach Peking. Ich werde mit den Kindern noch ein paar Tage hier bleiben, bis ich am 23. oder so den Dalai Lama treffe. Da freu ich mich sehr drauf und hoffe, dass mein "Free Tibet"-T-Shirt bis dahin wieder auftaucht.
Ich will in diesen Tagen nicht ständig so berechnende Gedanken haben, aber ich finde, Nici und ich sind die abgewichsteste Politstrategie, die man sich vorstellen kann: Er fährt nach Peking und macht brav den Hofknicks, und ich treffe die Gegenseite, die er nicht treffen kann, ohne sich richtig Ärger einzuhandeln und die wirtschaftlichen Belange zu gefährden. Empfängen wir den Dalai Lama nicht, wäre das in der Außenwirkung fatal - so kann ich die Gute sein, die die Sympathien einfährt, die letztlich ihm zugute kommen. The Beauty and the Beast. Perfekt!
Trotzdem fühle ich mich nicht recht wohl dabei, dass ich immer so berechnend bin und immerzu gucke, wo wieder ein Vorteil für uns steckt. Das macht bestimmt kein gutes Karma. Vielleicht weiß der Dalai einen Rat.
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