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die wahrheitWer mit Hunden zu Bett geht, wacht mit Flöhen auf

Manchmal lohnt es sich doch, den verschnarchten irischen Staatssender RTE einzuschalten. Vorige Woche wurde im Parlament der Haushaltsplan verabschiedet, die Debatte darüber wurde im Fernsehen übertragen.

Manchmal lohnt es sich doch, den verschnarchten irischen Staatssender RTE einzuschalten. Vorige Woche wurde im Parlament der Haushaltsplan verabschiedet, die Debatte darüber wurde im Fernsehen übertragen. Wie von dieser abgehalfterten Regierung nicht anders zu erwarten war, kürzte sie vor allem bei den Schwächsten: Die Sozialhilfe wird um mehr als vier Prozent eingedampft, um die drohende Staatspleite abzuwenden.

Ausgerechnet die Grünen mussten diese Maßnahme im Parlament verteidigen, denn wegen ihrer Pöstchengeilheit sitzen sie in der Koalitionsregierung, nachdem sie ihre Prinzipien an der Garderobe abgegeben haben. Sie konnten den Haushaltsplan gar nicht zu Fall bringen, denn bei den dann fällig gewordenen Neuwahlen wären sie als Fußnote in den Geschichtsbüchern verschwunden. So können sie diesen Tag wenigstens noch etwas hinauszögern. Doch ernst nimmt sie keiner mehr, schon gar nicht der Wähler.

Ihre Nerven liegen deshalb blank, wie sich bei der Debatte zeigte. Nachdem ein Oppositionsredner nach dem anderen über den traurigen grünen Haufen hergefallen war, platzte dem Dubliner Abgeordneten Paul Gogarty der Kragen. "Bei allem Respekt und in höchst unparlamentarischer Sprache", blaffte er den Labour-Abgeordneten Emmet Stagg an, "fuck you, Stagg, fuck you!" Sicherheitshalber entschuldigte er sich gleich, wies aber darauf hin, dass dieser Kraftausdruck nicht auf der Liste der bösen Worte stehe.

Die Gründungsväter der Republik Irland haben das F-Wort wahrscheinlich gar nicht gekannt, als sie die "Hervorragenden Regeln des Hauses" aufstellten. Dagegen wussten sie offenbar von der Vorliebe mancher Parlamentarier für scharfe Getränke. Wer andeutet, dass ein Abgeordneter betrunken sei, wird vom Parlamentspräsidenten als "undiszipliniert" gescholten. Die offizielle Liste der verbotenen Beschimpfungen umfasst Worte wie Blödmann, Windhund, Kommunist, Faschist, Eckensteher, Gossenjunge, Feigling und Hinterwäldler.

Der Hinterwäldler Jackie Healy-Rae, der mit seinem rötlich-violetten Gesicht stets so aussieht, als nehme er nur flüssige Nahrung zu sich, ist mit 79 Jahren der älteste Abgeordnete. Er ist parteilos, öffnet im Parlament nie seinen Mund, stimmt aber stets mit der Regierung, weil die sich dafür erkenntlich zeigt. Diesmal haben sie ihm ein Krankenhaus für seinen Wahlkreis versprochen. Der ebenfalls parteilose Michael Lowry half der Regierung auch. Kostenlos hat er das sicher nicht getan. Er würde einem nicht mal einen guten Morgen wünschen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten.

Seine Asche wird dereinst in einem braunen Umschlag beerdigt werden, denn der symbolisiert seine Gesinnung: Er hat als Abgeordneter und Minister sein Leben lang Steuern hinterzogen, sich bestechen lassen und das Parlament sowie die Wähler belogen. Zum Dank wählen sie ihn immer wieder. Man sollte die gesamte Grüne Insel in einen braunen Umschlag stecken und ihn diskret in Brüssel abgeben - mit der Bitte um umweltschonende Entsorgung.

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5 Kommentare

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  • U
    u.zeit

    Da fragt man sich wirklich, was absurd-aberwitziger ist: die satirische Betrachtung der seltsamen Wege der politischen Beschlußbildung auf der Insel, der die Welt die philosophische Betrachtung verdankt, "Realität ist die Illusion, die durch Mangel an Alhohol entsteht".

    Ein Leser, den das tägliche Durchfahren eines Problemviertels (dessen Nennung als Wohnort in der Bewerbung 90% aller Personalchefs damit die Ablage Papierkorb bedienen läßt, außer natürlich, es geht um sicher höchstbezahltes Scheisseschaufeln bei der Kloak GmbH) zum Experten der sozialen Probleme Irlands unter zutiefst mitmenschlichem Gesichtspunkt der eine-Wahrheit-Dialektik werden läßt.

    Oder noch ein Bürger, dem egal ist, daß wir hierzulande eine grüne Partei haben, deren Pöstchengeilheit ebenso zu mehrmaligem Prinzipienverrat führte, wenn er nur wieder die DDR-Keule schwingen kann. Klar, der billionenteure Banken-und Börsencrash ist Honeckers Vermächtnis, so wie der schwarze Freitag `29 komplett auf Lenins Konto geht. Und die Kombination "arroganter neudeutscher Wilhelminismus"-"stramme linke Gesinnung", das ist schon großes Kino. So sinnvoll wie ein David-Lynch-Film! Hab mich mal wieder köstlich amüsiert. Nicht nur Pferde haben Scheuklappen! Setzen sie sich allerdings nicht selber auf.

  • M
    Maddin

    Mister SOTSCHECK, Sie sind ja immer häufiger unzufrieden mit Ihrer Wahlheimat...

     

    Bleiben Sie Gentleman. Sie haben uns doch mal erklärt, wer das ist: Ein Gentleman ist jemand, der den Dudelsack spielen kann, aber es nicht tut.

     

    Ach, vielleicht sollten Sie doch mal endlich mit Golf anfangen?! ;o)

  • S
    Sikasuu

    Hallo, ruhig Fury........

     

    das ist hier "DIE WAHRHEIT" , die kleine Glossen, Schmunzel, Böse.... unkorrekte Ecke in der Taz!

     

    Kopfschüttelnde Gruesse

     

    Sikasuu

  • L
    Leser

    4% bei den "Schwächsten" gespart? Wer einmal jahrelang täglich durch deren Viertel gefahren ist, wird sich nicht mehr scheuen, das Wort "Sozialschmarotzer" in den Mund zu nehmen. Wer Viertel wie Knocknaheeny in Cork kennt, wo das Durchschnittsalter für Großeltern bei Mitte Dreissig liegen dürfte, der hat kein Mitleid mit Menschen, die Ihren Lebensentwurf über Generationen auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung aufbauen.

     

    Zum Thema deutsche Arroganz hat "nocheinbuerger" alles gesagt. Als ob es im Bundestag nicht genügend Charaktere geben würde, über die man sich lustig machen kann.

  • N
    nocheinbuerger

    Dieser arrogante neudeutsche Wilhelminismus scheint inzwischen vor allem bei der Linken in Mode zu kommen. Der scheint ohnehin besser als die Leute vor Ort zu wissen, was gut für sie ist.

     

    Liebe Redaktion: Wäre es nicht mal an der Zeit, damit aufzuhören, persönliche Meinungen und Befindlichkeiten der Artikelschreiber (die natürlich das Sprachrohr ihres Geldgebers sprich Chefredakteurs sind) mit der Wirklichkeit zu verwechseln? Eine gewünschte stramme linke Gesinnung hat objektive Berichterstattung noch nie ersetzen können. Ein kleines Gespräch mit ehemaligen DDR-Journalisten sollte doch in der Hinsicht sehr informativ sein.