die wahrheit: Hellblau, die Sau!
Die neue bunte Seite der alten Männerbastion Fußball.
"Udo Lattek hat geweint", berichtete Kalle Rummenigge nach der Null-zu vier-Niederlage der Bayern gegen Barcelona im vergangenen Jahr, gestandene Bundesliga-Schiedsrichter sprechen sich in E-Mails mit "Schatz" an und Arjen Robben läuft in einer langen weißen Männerunterhose zum Spiel auf.
Was ist nur aus unserer letzten Männerbastion "Fußball" geworden? Überall Anzeichen von Verweichlichung und spätrömischer Dekadenz. Die jüngsten Spätrömer, die Azzurris, haben als Trikotfarbe für die bevorstehenden Weltmeisterschaft Hellblau gewählt. Hellblau gilt in der esoterischen Farbenlehre als ein Zeichen für Inspiration, Weisheit, Wahrheit und Schutz.
Für den Fußballfan hingegen gilt Hellblau eher als Merkmal für Einfallslosigkeit, Blässe und Hilflosigkeit. Nicht umsonst heißt Hellblau Hell-Blau, das Blau der Hölle, und versierte Farbenfachleute bezeichnen Hellblau als Krankenhaus- und Kinderzimmerfarbe.
Hellblau ist als Krawattenfarbe sehr beliebt und neuerdings auch als Trikotfarbe in der Bundesliga. Zwar sind es bislang nur die sogenannten "Ausweichtrikots" von Mönchengladbach und Bayern München, aber wer weiß, dass die Bayern in ihren Gründerjahren in Hellblau und Weiß aufliefen, ahnt, wohin sich dieser Verein zurückentwickeln wird: Von der schwarzen zur hellblauen Bestie!
Aber auch die Herren Fußballspieler tragen mit würdelosen hellblauen Schuhen zur Infantilisierung des Fußballs bei: Özil, Turk, Trochowski, Ribéry und Marin tragen himmelblaues Schuhwerk. Gerade Marko Marin sollte wenigstens dunkelblaue (Ultramarin) Schuhe tragen! Warum tritt ihnen der sonst so modebewusste Bundestrainer nicht auf den Buntfuß? Hellblau gewandete Torhüter (Lobue, Kirstein) hechten vor hellblauen Schiedsrichter im optischen Strafraum herum, anstatt von ihnen umgehend duschen geschickt zu werden.
Dass auf der himmelblauen Trikotfarbe kein Segen liegt, wussten schon die Urus. Der ehemalige zweifache Weltmeister Uruguay erlebte in Hellblau seinen Niedergang, aus den grandiosen Fußballkünstlern wurden rücksichtslose Brachialfußballer. Sollte die nette hellblaue Farbe die Schiedsrichter über ihre raue Gangart hinwegtäuschen, oder spielten sie so hart, um nicht als hellblaue Weicheier dazustehen?
Bremens Torhüter Tim Wiese war die weitere optische Eskalation vorbehalten, er brachte mit einem rosa Trikot die blauen Fans auf die Palme. Der besonnene Allofs redete mit ihm über seine modische Entgleisung, Wiese ließ von seinem rosa Trikot ab und wurde Nationalspieler.
Wenig später musste die Bild-Zeitung "Alarmstufe Rosa" ausrufen: Bochum spielte in Rosa und bekam dafür die gerechte Strafe: Nur ein Punkt, sechs Gegentore und Abstiegsplatz 17! Doch der farbästhetische Niedergang des Fußballs geht weiter: Barcelona stellte 2009 rosa Trikots vor, und Dortmunds Roman Weidenfeller wirft sich in der Farbe der Frauenbewegung in den Dreck.
Eins muss man dem weinenden Udo Lattek immerhin lassen: Sein legendärer blauer Pullover, in dem er als Trainer 15 Spiele lang nicht verlor, war nicht himmel-, sondern dunkelblau! KRIKI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag