die wahrheit: Max, Mord und Moritz
Was ist eigentlich aus der Witwe Bolte geworden?
Wer durch die Copzone schlendert, kann dort überraschend Wilhelm Buschs Witwe Bolte begegnen. Die Copzone ist eine Website für Polizisten und bietet angehenden Cops eine strafrechtliche Bewertung der Serienstraftäter Max und Moritz an. Das ist auch vernünftig, denn Tiermord verjährt ja nicht und "drohenden Nachahmungseffekten" bei unserer verrohten Jugend von heute muss rechtzeitig begegnet werden.
Das fand das besorgte Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen schon vor einigen Jahren und legte Unterrichtsmaterialien über Wilhelm Buschs ersten zwei Bubenstücke in die Hand der Pädagogen: "Max und Moritz und die Hühner von Frau Bolte". Mit der Unterzeile: "Sachbeschädigung - Langeweile - Streich - Unrechtbewußtsein (sic!) - Strafe - Haftung". Und das alles mit dem Ziele, dass man sich belehret fühle: Die Schüler sollten sich mit einem "altbekannten" Fall von Sachbeschädigung auseinandersetzen. Außerdem sollten sie das Zustandekommen eines Streiches reflektieren sowie die angemessene "Strafe" ("Lehrerinformation", NRW).
Doch zunächst, was nicht verkehrt, wird der Lehrer selbst belehrt: "Bei dem Streich handelt es sich von der Deliktart her um Sachbeschädigung und Tierquälerei, denn im juristischen Sinn werden Tiere zu den Sachen gerechnet." Wenn sie allerdings zu den Sachen zählen, wie kann man sie als Tiere quälen? Darum machen sich Max und Moritz keinen Kopf. Wer am Ende des nächsten Streiches die bösen Buben an der Hecke übersatt und mit Hühnerbein im Mund liegen sieht, wird am Vorsatz der Hühnertötung nicht zweifeln. Der Jurist würde Sachbeschädigung mit Todesfolge konstatieren.
Die Pädagogen fragen heiter: "Wie geht die Geschichte weiter?" Eine Frage aus der "Lehrerinformation", die der kluge Lehrer besser nicht stellt. Denn wer die Geschichte kennt, weiß, dass die Hühnermörder genüsslich ihre Opfer gebraten verzehren, während der unschuldige, der Tat verdächtige Spitz, von der aufgebrachten Witwe vermöbelt wird. Diese Geschichte dürfte Nachahmungstäter nicht gerade abschrecken und Unruhe in der Copzone auslösen.
Das geht den Autoren der "Lehrerinformation" aus dem Ministerium auch auf, und sie schlagen deshalb vor, zur Abschreckung den entsetzten Schülern zu zeigen, wie Max und Moritz am bösen Ende von der Getreidemühle des Meister Müller zerschrotet werden. Denn Strafe muss sein! "Wehe, wenn ich auf das Ende sehe!" Welche Strafe die Schüler selbst vorschlagen würden, ist die nächste Frage. Und die erwartete Antwort im Lehrerarbeitsblatt: Arbeit in einem Tierheim, Abarbeiten des Schadens bei der geschädigten Frau.
Ein schöner Vorschlag, der die gute Witwe Bolte traumatisieren und um ihre feinen Sauerkohlvorräte im Keller bringen könnte. Wie gut, dass die Witwe längst ausgesorgt hat, denn sie hat mittlerweile eine eigene Unternehmensgruppe mit Party-Grillservice und Hühnergrillrestaurants von Wien bis Berlin aufgemacht.
Und noch ein kleiner Tipp für unsere jugendlichen Nichtstuer: Die Witwe Boltes Unternehmensgruppe hat gerade vier fahrbare Grillmobile zu verkaufen. Die könnte man doch schön in der Copzone aufstellen!
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