die wahrheit: Zicken, Witwen, Gifte
Das war 2011. Ein historischer Rückblick auf das Elf-Kanzler-Jahr
Ein turbulentes Jahr liegt hinter uns. Zehn Kanzlerinnen, elf tote Spitzenpolitiker, unzählige Intrigen erschütterten die Bundesrepublik. Wie konnte das nur passieren? Versuch einer Kurzfassung der höchst dramatischen Ereignisse.
Januar
2011 begann mit einem Schock: Bundeskanzlerin Angela Merkel erlag während eines Urlaubs in der Schweiz unerwartet einer Grippe. Sofort entspann sich eine Verschwörungstheorie - man soll ihr die falschen Medikamente gegeben haben. Die Erklärung: In der Schweiz bedeutet "Grippe" nicht Erkältung, sondern akutes Lymphfollikelversagen. Die aggressiven Pillen gaben der geschwächten Kanzlerin den Rest.
Februar
Bereits im Februar übernahm Bürgerliebling und Stilikone Karl-Theodor zu Guttenberg das Amt des Bundeskanzlers. Doch nicht für lange - wenige Tage darauf wurde der christsoziale Baron während eines Fotoshootings für die Damenzeitschrift Adel heute im Allgäu von Problembär Bruno junior zerfleischt. Die Schockfotos gingen um die Welt, und das deutsche Kanzlersterben setzte sich fort.
März
Ganz in der Tradition der Erbmonarchie ging der Kanzlerthron im März auf Stephanie zu Guttenberg über, die gelobte, in Deutschland gründlich aufzuräumen. Doch bei ihrer ersten Reise in das arabische Zwergemirat Khandar wurde sie mit einer örtlichen Ehebrecherin verwechselt und aus Versehen gesteinigt. Deutschland erhielt 40 Kamele als Entschädigung.
April
Da Kamele in Deutschland per Gesetz nicht Kanzler werden dürfen, entschied man sich für das Nächstmenschlichere: Ursula von der Leyen wurde im April Kanzlerin. Doch auch sie ereilte der Fluch der Merkel: Sie wurde Opfer einer Intrige und wegen Kindesmissbrauch gemäß der jüngsten Guttenberg-Gesetze zum Tode durch den Strang verurteilt. Klare Sache, und hopp!
Mai
Von den mysteriösen Todesfällen verunsichert, beschloss die Bundesregierung, lieber keine weiteren Risiken einzugehen, und wählte völlig überraschend die Oppositionspolitikerin Andrea Nahles zur Regierungschefin. Doch Nahles starb schon tags darauf an einer Überdosis linksdrehender Milchsäure. Sie hatte zum Glück keine Schmerzen.
Juni
Immer noch im Zeichen der Risikominimierung wollte man eine Schlichtung mit dem Schicksal und bat Heiner Geißler, Kanzler zu werden - doch der sagte aus terminlichen Gründen ab. So wurde Kristina Schröder das nächste Sensenfutter für Gevatter Tod. Sie wurde noch während der Vereidigung im Reichstag vom Bundesadler erschlagen.
Juli
Im Sommer wurde dann der Kanzlernachschub knapp - genauso wie der gute Rat immer teurer wurde. Man wollte es im Juli einmal anders versuchen: Würde der Tod auch die Schönen zu sich holen? Silvana Koch-Mehrin stellte sich dem Kanzlerfluch. Doch die FDP-Tante verlor - ihr Amt und ihr Leben. Man munkelt, es sei Gift gewesen.
August
Mitten im Sommerloch zeigte sich: Auch der Tod hat Humor. Gerade erst hatte man sich dazu durchgerungen, die knochenharte Sahra Wagenknecht zur Kanzlerin zu machen, da raffte die blutleere Kommunistin ein tragisch-komischer Zufall dahin. In einem russischen Militärmuseum wurde sie von einer rostigen Stalinorgel niedergestreckt.
September
Im September hatte Heiner Geißler wieder Termine frei, und man beschloss, es noch einmal zu versuchen. Als man ihm am Telefon das Vereidigungsdatum durchgeben wollte, erzeugte die Handystrahlung einen tödlichen Stromschlag in seinem Hörgerät. Claudia Roth sprang ein, stolperte kurz darauf in Passau über einen Krötenzaun und wurde von einem Bierlaster überfahren.
Oktober
So schnell ließen sich die Grünen nicht entmutigen und schickten im Oktober Renate Künast in den Kampf gegen das Schicksal. Sie hielt erstaunliche 25 Tage durch, so dass man glaubte, der Fluch könnte endlich gebrochen sein. Doch man wurde eines Besseren belehrt. Und wer hätte jemals gedacht, dass auch Zehennägelschneiden tödlich enden kann?
November
Mittlerweile war man dazu übergegangen, die Kanzlerschaft per Losverfahren zu vergeben, damit sich das Risiko gerecht verteilt. Es traf Bettina Wulff, die mutig annahm und nach genau einer Woche von einer Schneefräse zerstückelt und auf das Dach des Kanzleramts katapultiert wurde. Es dauerte ganze dreizehn Tage, alle Einzelteile der beliebten Bundeskanzlerin aus der völlig verkorksten Betonarchitektur der "Waschmaschine" zu kratzen.
Dezember
Bundespräsident Christian Wulff war tief erschüttert und gleichzeitig wild entschlossen. Er wollte in Personalunion fortan Präsident und Kanzler sein. In der Extended Version seiner Weihnachtsansprache, in der er all die toten Kanzler und Kanzlerinnen ausgiebig würdigte, erklärte er auch, dass Schicksal und Fluch nun per Gesetz verboten seien: "Die Bundesrepublik Deutschland braucht keinen Kanzler und keine Kanzlerin!" Und siehe da: Er lebt noch!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind