die wahrheit: Schwabinger Krawall: Verpatzter Abschied
Die Jacqueline hat gesagt, es reiche ihr jetzt endgültig, so ginge es nicht weiter und sie ziehe so lange zu ihren Eltern, bis er endlich eine neue Wohnung habe …
… Dann war die Tür zu, ehe der Jackie sagen konnte, dass sie sich nicht so aufregen soll, bloß weil er mal Bekannte mitbringt, um ihnen bei einem Glas Wein ein paar Musikstücke vorzuspielen, und das eine Mädel sei nur deswegen nackt gewesen, weil die andere den Ouzo nicht vertragen und beim Einschlafen fünf Weinflaschen vom Tisch geschmissen und ihr die Klamotten versaut habe, weshalb sie duschen musste, und er könne nichts dafür, dass dieser Volldepp von Nachbar gleich die Polizei hole, bloß weil man um drei Uhr früh zu dritt duscht und ein bisschen singt, und saubermachen werde er dann schon, wenn es ihm besser gehe, also spätestens übermorgen.
Das alles hat die Jacqueline nicht mehr gehört, also hat der Jackie gedacht, dass es diesmal wohl ernst sei, und beschlossen, bis zu ihrer Rückkehr in sich zu gehen und sein Leben zu ändern. Deshalb hat er dem Hubsi, der wegen der Sause bei der Eventagentur angerufen hat, mitgeteilt, er stehe für derartige Lottereien nicht mehr zur Verfügung, woraufhin der Hubsi gesagt hat, der coole Hase mit den schwarzen Haaren von letzten Samstag komme auch, also hat der Jackie seine Läuterung schweren Herzens um einen Tag verschoben.
Auf dem Fest wollte er der Schwarzhaarigen gerade zeigen, dass er beim Pogotanzen drei volle Caipis auf dem Kopf balancieren kann, da hat er plötzlich in einer Ecke die Jacqueline gesehen und zum Hubsi gesagt, dass er sofort wegmuss, und zwar unauffällig. Der Hubsi hat gesagt, verabschieden müssten sie sich schon, schließlich seien das alles total wichtige Leute.
Also haben sie so unauffällig wie möglich mit dem Agenturboss einen Abschiedsobstler getrunken und dann noch mit dem Fotografen, der Layouterin, der Sekretärin, den drei Models, dem Typen von der Filmproduktionsfirma, dem Marketinghansel und der Soap-Regisseurin und dem Klatschreporter und mit dem Ferrari-Schorsch und seiner Verlobten und allen möglichen Nasen, und irgendwann ist dem Jackie aufgefallen, dass er gar nicht mehr genau weiß, zu wem er da Servus sagt, und dass er vor der Jacqueline steht und ihr vorlallt, dass man unbedingt in Kontakt bleiben müsse und sie ein saugeiles Fahrgestell habe, hat er erst gemerkt, wie es schon zu spät war.
Allerdings hat der Jackie am nächsten Tag von der Violetta erfahren, dass die Jacqueline gar nicht bei ihren Eltern wohnt, sondern bei ihr, und dass sie total besoffen um vier in der Früh mit zwei seltsamen Typen angekrochen sei, im Treppenhaus sechs Bierflaschen zerschlagen habe und in der Badewanne eingeschlafen sei und dass sie das pubertäre Theater nicht mehr ertrage und sie rausgeschmissen habe, und da hat der Jackie verstanden, wieso die Jacqueline bei der Verabschiedung so nett gegrinst und ihm ihre Nummer aufgeschrieben hat, und hat eine Flasche Prosecco kaltgestellt, weil er sich gedacht hat, dass die Jacqueline beim Heimkommen wahrscheinlich einen ziemlichen Untersekt haben wird.
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