die wahrheit: Kurt im Wind
Ökologie: Riesenumweltskandal in Mainz. Kurt Beck in Quarantäne.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck war selbst am meisten überrascht, als er am Donnerstagmorgen von einer bewaffneten Spezialeinheit des Bundeskriminalamts aus dem Schlaf geweckt und festgenommen wurde. Die Begründung für diese Maßnahme hörte sich aber auch gar zu abenteuerlich an: Es bestehe der dringende Verdacht, so hieß es in dem Haftbefehl, dass ein weiteres Verbleiben Becks in Freiheit schwere Umweltschäden nach sich ziehen werde.
Aufgefallen war den Behörden zunächst ein rätselhaftes Singvogelsterben in der Landeshauptstadt Mainz. Zur gleichen Zeit registrierten Klimaforscher im Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg unerklärliche Anomalien im rheinhessischen Luftraum, während beim Umweltbundesamt Hinweise auf eine stark erhöhte Schadstoffkonzentration in den Mainzer Stadtteilen Gonsenheim, Mombach und Budenheim eingingen. Es dauerte Wochen, bis jemand im städtischen Ordnungsamt auf den Gedanken kam, dass alle diese Phänomene auf eine gemeinsame Ursache zurückgeführt werden könnten.
Mittels modernster Messtechnik, Bodenproben, Gewässerproben, Wärmebildaufnahmen und Reihenuntersuchungen gelangte eine eilends einberufene Sonderkommission der Landeskriminalpolizei zu einem Ergebnis, mit dem niemand gerechnet hatte: Kurt Beck war schuld. Ausnahmslos alle Spuren führten zu seinem Wohnsitz. "Als wir den Vorgarten betreten haben, sind wir unserer Sache sicherer denn je gewesen", sagt Wolfgang Brombach, der die Ermittlungen geleitet hat. "Da hats ausgesehen wie auf einer wilden Giftmülldeponie. Keine Blume, kein Strauch und kein Grashälmchen ohne schrecklichste Missbildungen, und über der gesamten Anlage ein Geruch wie von faulen Eiern. Früher hätte man das als verbrannte Erde bezeichnet. Und rings um die Staatskanzlei sieht auch nicht besser aus …"
Beck wehrt sich. In einer Pressemitteilung spricht er von einer "ungeheuerlichen Intrige" und beteuert seine Unschuld. Dem stehen jedoch die Fakten entgegen, die eine ärztliche Untersuchung ans Licht gebracht hat: Danach gibt Beck, ob er das will oder nicht, fortwährend gesundheitsschädliche und umweltbelastende Substanzen ab, die die zulässigen Grenzwerte um ein Vielfaches überschreiten. Eindeutig überführt worden ist er als Emittent sogenannter Sumpf- und Knallgase aus der chemischen Familie der Schwadengifte. Verschärft wird die Gefahr durch Becks Absonderung von Ammoniak, Salpetersäure, Nesselrauch und Chlorfluorkohlenwasserstoffen sowie durch den strafrechtlich relevanten Ausstoß toxischer Morcheldämpfe.
Die bereits eingetretenen Schäden sind noch nicht zu überblicken. Nach dem Eigenheim der Familie Beck sind auch die umliegenden Gebäude evakuiert worden. Bodenbiologen der Kripo tragen zur Stunde das Erdreich in dem betreffenden Wohnviertel ab. Zu rechnen ist mit einer dauerhaften Beeinträchtigung der dortigen Vegetation. Doch es könnte noch schlimmer kommen: Experten verweisen darauf, dass der von Beck emittierte Schadstoffcocktail in höheren Regionen völlig unvorhersehbare Kettenreaktionen auslösen könne. Die Rede ist von röhrenförmigen Stürmen in der Stratosphäre mit möglicherweise verheerenden Auswirkungen auf den Bestand der äquatorialen Tiefdruckrinne.
Eine Entwarnung wäre jedenfalls verfrüht, erklärt Prof. Dr. Günther Schleussert, Klimatologe an der Universität Straßburg. "Stellen Sie sich vor, Sie wären eine argentinische Rinderherde. Dann würde Ihre Emission zersetzender Dünste pro Dekade in etwa dem entsprechen, was der Herr Beck für sich allein genommen an einem einzigen Tag in den Naturkreislauf einspeist. Und damit ist noch nicht einmal der Jahresmittelwert genannt!"
Aus medizinischer Sicht ist Beck eine Ausnahmepersönlichkeit, deren Ökobilanz weltweit Interesse auf sich zieht, doch für seine Mitmenschen ist er vor allem ein Risikofaktor. Die Entscheidung, ihn in Gewahrsam zu nehmen, war überfällig. Die Staatsanwaltschaft steht nun vor der Frage, ob sie ihn anklagen soll oder nur dafür sorgen muss, dass er mit einer Filteranlage ausgestattet wird, die seine Umweltverträglichkeit wiederherstellt. Geschätzte Kosten für den Steuerzahler: 2,5 Milliarden Euro.
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